„So ziehen wir uns die Kundschaft“

Der Chef der Entgiftungsstation am Nordklinikum kritisiert das Nürnberger Jugendamt: „Es muss mehr für die Bahnhofs-Kids getan werden – so ziehen wir uns die Kundschaft von morgen.“
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Jeden Tag sind diese Kids am Hauptbahnhof in Nürnberg. Sie fragen: „Wo sollen wir denn sonst hin?
Berny Meyer 2 Jeden Tag sind diese Kids am Hauptbahnhof in Nürnberg. Sie fragen: „Wo sollen wir denn sonst hin?
Heppner: „Die Kids sollen erfahren, dass das Leben mehr zu bieten hat als Treffen im Untergrund.“
bayernpress 2 Heppner: „Die Kids sollen erfahren, dass das Leben mehr zu bieten hat als Treffen im Untergrund.“

Der Chef der Entgiftungsstation am Nordklinikum kritisiert das Nürnberger Jugendamt: „Es muss mehr für die Bahnhofs-Kids getan werden – so ziehen wir uns die Kundschaft von morgen.“

NÜRNBERG Die Nürnberger Bahnhofs-Kids: Zu Dutzenden treffen sie sich jeden Tag im Untergrund. Sie tun dort nichts Verbotenes – doch könnten sie so viel mehr mit ihrer Zeit anfangen: Erlebnisse statt Abhängen; Sporttreiben statt Biertrinken; den Tag mit Angeboten genießen statt die Zeit totzuschlagen.

Oft landen diese Kids auf der Station von Dr. Hans Jürgen Heppner, Leiter der Entgiftungsstation im Nordklinikum. Er kritisiert die Stadt: „Es muss mehr für die Kids getan werden – so ziehen wir uns die Kundschaft von morgen.“

Heppner ist ein Kinderfreund – obwohl er mit harten Tatsachen konfrontiert ist, die mit heiler Kinderwelt nichts mehr zu tun haben: Auf seiner Entgiftungsstation im Nürnberger Nordklinikum landen Jahr für Jahr etwa 200 Kids – betrunken, kotzend, komatös. Wenn dieses Kind schon in den Brunnen respektive in die Gosse gefallen ist, hilft Heppner nach der Entgiftung auch mit der Vermittlung eines therapeutischen Gesprächs. Das ist sein Teil im „Nürnberger Sicherheitspakt“. Doch da gibt es noch einen anderen: die Stellen, die den Absturz gar nicht erst aufkommen lassen sollten. „Für jeden Junkie gibt es Streetworker, doch zu den Problemplätzen für Jugendliche, wie am Nürnberger Bahnhof, geht kaum einer hin. Wenn sich da mal einer verirren und mit den Kids reden würde, bräuchte man unsere Arbeit vielleicht gar nicht mehr.“

Im Herbst kommt eine dritte Streetworker-Stelle - vielleicht

Im „Nürnberger Sicherheitspakt“ wurde beschlossen, dass sich die Lösung des Problems der Jugendkriminalität, des Komasaufens und des Abgleitens in zwei Teile untergliedert: in den „reaktiven Teil“, die Schadensbegrenzung im Klinikum, und den „proaktiven Teil“. Heppner: „Die Kids sollen mit Gruppendynamik, Erlebnissen und Gesprächen erfahren, dass es ein Leben ohne Alkohol gibt, dass das Leben mehr zu bieten hat als Treffen im Untergrund.“ Schöne Idee, nur sind für Heppner zu wenige Profis an den Brennpunkten.

Kurt Gref ist der Leiter der präventiven Kinder- und Jugendhilfe. „Ich schätze Herrn Heppner sehr. Aber da liegt er falsch. Wir haben im Jugendamt 2,5 Stellen nur für die Bahnhofsszene.“ Die Streetworker hätten Kontakt zu den Kids, gingen gezielt auf sie zu, hätten einen guten Zugang. Grillen an der Pegnitz sei eine der Aktionen, die das Jugendamt biete. „Nur: Es gibt viele Jugendliche, die am Bahnhof bleiben wollen – zwingen können wir sie nicht.“ Dazu bietet die Stadt in der Vorderen Sterngasse 3 einen Anlaufpunkt. „Der platzt bald aus allen Nähten“, auch die Streetworker brauchten Unterstützung. Doch bei der Stadt Nürnberg, sagt Gref, lerne man, bescheiden zu sein. „Im Herbst bekommen wir vielleicht eine dritte Streetworker-Stelle – darüber muss der Stadtrat entscheiden.“ Susanne Will

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