So wurde Sophia (18) von Drückern abgezockt!
Statt ihre Abos an der Haustür aufzuschwatzen, setzen die Macher jetzt auf dubiose Job-Angebote. Eine junge Nürnbergerin fiel darauf rein...
NÜRNBERG Das Angebot hört sich vielversprechend an: sich fürs Ausgehen bezahlen lassen, fürs Einkaufen oder fürs Spazierengehen. Geld verdienen, ohne zu arbeiten. Klingt verlockend. Aber auch nach einem Haken. Eine junge Nürnbergerin ließ sich auf das Geschäft ein. Sie bereut ihre Entscheidung mittlerweile bitterlich...
Sophia* (18) wurde auf eine Annonce aufmerksam. „Wir sind ein Zusammenschluss von Agenturen für Mode und Freizeit aus der ganzen Bundesrepublik“, war da zu lesen. „Wir suchen für unsere Kunden Werbeträger.“ Die Münchner Firma „Mode-Freizeit“ wirbt Arbeitnehmer mit folgender Verheißung an: „Wir stellen Ihnen kostenlos Kleidung (z.B. Regenjacken, Windjacken, Polo-Shirts, T-Shirts) zur Verfügung, welche auf der Rückseite mit Werbung versehen ist.“ Die Kleidung sei „modern und von sehr guter Qualität“, der Verdienst liege „pro Buchung zwischen 30 und 130 Euro. Das Geld falle den wandelnden Litfaßsäule quasi durch Nichtstun in den Schoß: „Auf dem Weg zur Arbeit, in der Freizeit, beim Einkaufen, bei Events, Messedienstleistungen und sonstigen Aktivitäten“, so das vollmundige Versprechen.
„Das klang für mich echt toll und überzeugend“, berichtet Sophia. Sie hat gerade eine Ausbildung abgebrochen und braucht dringend Geld. Warum also nicht bei einer Firma vorstellig werden, die nach eigenen Aussagen „außer der kostenlosen Kleidung einen schönen Nebenverdienst“ bietet?
214 Euro für ein Foto und das Ausfüllen eines Fragebogens
Sophia machte sich auf in die Nürnberger Dependance von „Mode-Freizeit“. Sehr freundlich, „im Nachhinein fast zu freundlich“, wurde sie da von einem Herrn P. empfangen, der ihr nochmal unter vier Augen das Geschäftsmodell erläuterte. Allerdings, erklärte er ganz am Schluss, müsse Sophia, um in die Kartei der Agentur aufgenommen zu werden, einen „Aufwendungsersatz“ von 214 Euro zahlen. 214 Euro für eine unprofessionelle Aufnahme mit der Digi-Cam und das Ausfüllen eines Profilbogens.
„Eigentlich hätten da bei mir schon alle Alarmglocken schrillen müssen“, ärgert sich Sophia heute. Aber sie ließ sich vom freundlichen, aber bestimmten Herrn P. überrumpeln, der Sophia – 214 Euro hatte sie natürlich nicht einstecken – vorschlug, sie könne alternativ auch ein zweijähriges Zeitschriften-Abo abschließen. Also ließ sich Sophia an Ort und Stelle das Abo für ein People-Magazin aufschwatzen.
Die Masche erinnert nicht nur an die Tricks von Drückerkolonnen, die ihre Opfer an der Haustür ausnehmen. Recherchen ergeben, dass sich auch die Macher der vermeintlichen Werbeverträge ebenjener Methoden bedienen: Verbraucher-Foren im Internet sind voll von Einträgen geschädigter Gutgläubiger, die an der Haustür Verträge abgeschlossen haben.
Nicht nur auf solche Foren-Eintäge reagieren Firmen-Boss Klaus K.* und seine Helfer äußerst aggressiv – etwa mit fünfstelligen Unterlassungs-Forderungen. Auch ein Anruf der AZ kam einem Stich ins Wespennest gleich. „Wir arbeiten absolut seriös“, brüllt Herr K. ins Telefon. Das habe erst ein Hamburger Gerichtsentscheid ergeben.
Von wegen! Nachdem die Verbraucherzentrale Hamburg gegen die Machenschaften juristisch vorging, wurde Winter dazu verordnet, in den Zeitungsannoncen klar zustellen, dass „Kunden“ erstmal kräftig zahlen müssen. Das liest sich dann wie folgt: „VK erf.“, heißt die kryptische Abkürzung in der Anzeige, auf die Sophia reinfiel. Dass das nicht „Verkaufserfahrung heißen soll, sondern „Vorkasse erforderlich“, dämmerte dem Mädchen erst im Nachhinein.
Ein Jurist klärt auf: Geprellte können sich wehren
Geprellte sollen sich von der Firma aber nicht einschüchtern lassen, empfiehlt der renommierte Arbeits- und Schadensrechtler Günther Mock: Der Vertrag erfülle zwar nicht die Kriterien, um als ,sittenwidrig’ durchzufallen, erklärt der Jurist. Aber: „Es darf nicht im Gewande des Aufwendungsersatzes eine erfolgsunabhängige Provision vereinbart werden. Dies läuft dem Verbot der Paragraphen 305c, 307 des BGB zuwider.“
Mit anderen Worten: Wer sich auf den kruden Deal eingelassen hat, hat vor Gericht gute Chancen, seine 214 Euro zurückzufordern. Und Sophia tut gut daran, den Zeitschriftenverkäufern schleunigst die Einzugsgenehmigung zu entziehen .
Steffen Windschall
(*Namen geändert)
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