So will dieser Wirt das Rauchverbot austricksen

Ein Doppeldeckerbus und Hausrecht für alle: So will Willi Pröll seine kultige „Zentralhalle“ in Gostenhof nach dem Volksentscheid retten
von  Abendzeitung
Hier soll bald ein Doppeldeckerbus stehen.
Hier soll bald ein Doppeldeckerbus stehen. © bayernpress.com

Ein Doppeldeckerbus und Hausrecht für alle: So will Willi Pröll seine kultige „Zentralhalle“ in Gostenhof nach dem Volksentscheid retten

NÜRNBERG Seit 35 Jahren steht Willi hinterm Tresen. Erst in seiner Whisky-Kneipe in Fürth, dann im „Tannenbaum“ in der Austraße in Nürnberg-Gostenhof. Und seit 1988 in der „Zentralhalle“ in der Reitackerstraße. Willi Pröll ist 59 Jahre alt und wird ab dem kommenden Jahr seinen wohlverdienten Ruhestand genießen. Diesen einen Kampf aber will er noch ausfechten...

Denn Willi ist empört und entsetzt über den Ausgang des bayerischen Volksentscheids zum Nichtraucherschutz vor drei Wochen: „Der Staat will bei erwachsenen Menschen Vormund spielen. Unsere Gesellschaft wird immer mehr zu einer Verbotsgesellschaft.“ Im Dominoeffekt würden immer mehr bürgerliche Freiheiten fallen: „Jetzt verbieten sie das Rauchen in Kneipen, dann überall in der Öffentlichkeit. Irgendwann verbieten sie Alkohol, dann zuckerhaltige Nahrungsmittel und so weiter...“ Dass der Volksentscheid immerhin eine demokratische Abstimmung war, ficht Willi nicht an, aber: „Wie viele Leute haben denn gewählt?“

„Jedes Schlupfloch muss genutzt werden“

Um genau zu sein: 37,7 Prozent der bayerischen Wahlberechtigten. 61 Prozent von ihnen haben sich für die Neuregelung ausgeprochen – die strengste Deutschlands. „Dass eine Minderheit, die eh nicht hierher kommt“, nun seinen Gästen und ihm selber verbietet, in der Zentralhalle zu rauchen, will Willi nicht einsehen. Er beruft sich auf Artikel1 des Deutschen Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) und ruft auf zur Rebellion gegen das Gesetz, das der „Zentralhalle“ und anderen Bierkneipen nach seiner Einschätzung „70 bis 80 Prozent Verluste“ bescheren wird. „Jedes Schlupfloch muss genutzt werden“, appelliert er an seine Wirts-Kollegen. Und hat selber bereits einen Drei-Stufen-Plan ausgearbeitet, um das Qualmen in der Zentralhalle weiter zu ermöglichen.

Wenn am 1. August das Gesetz in Kraft tritt, lässt Willi zunächst einmal alle Aschenbecher von den Tischen verschwinden. Stattdessen finden rauchende Gäste einen Hinweiszettel: „Wer raucht, tut dies auf eigene Verantwortung und muss bei einer Kontrolle des Ordnungsamts die Strafe selber zahlen.“

Punkt zwei des irren Raucher-Retter-Plans: „Ich bin gerade dabei, mir einen alten Londoner Doppeldeckerbus zu besorgen“, berichtet Willi. Den will er vor die Kneipe stellen. Im Untergeschoss können die Gäste dann ein Bierchen trinken und dazu ihr Kippchen rauchen. Das offene „Sonnendeck“ will Willi aus Lärmschutzgründen nicht zum Rauchen freigeben. Die Nachbarn werden’s ihm danken.

Zweitwohnsitz in der Zentralhalle?

Die verrückteste Idee behält er sich als letztes Mittel vor: „Alle meine Stammgäste bekommen Hausrecht“, kündigt er an. 60 bis 70 Mann würden dann einen Schlüssel bekommen und könnten ihren Zweitwohnsitz in der Zentralhalle anmelden. Den klassischen Kneipenbetrieb will Willi dann einstellen und Getränke, Snacks und Zigaretten nur noch am Kiosk verkaufen. Den Gästen steht es dann frei, Bier – und Kippen – in ihrem neuen Wohnzimmer, also der ehemaligen Kneipe zu konsumieren.

„Der letzte Luxus des kleinen Mannes“, wie Willi die Zigarette zum Bier nennt – vielleicht bleibt er in der Gostenhofer Reitackerstraße erhalten. Und vielleicht machen Willis Tricks Schule in anderen bayerischen Gastwirtschaften...

Steffen Windschall

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