So viel legen wir Steuerzahler bei der Kultur drauf

Spaßiger Sparvorschlag: Oper schließen und jedem Musikfreund die Bahnfahrt nach München zahlen.
von  Abendzeitung
Kultur-Referentin Julia Lehner verteidigt die Zuschüsse.
Kultur-Referentin Julia Lehner verteidigt die Zuschüsse. © B. Meyer

Spaßiger Sparvorschlag: Oper schließen und jedem Musikfreund die Bahnfahrt nach München zahlen.

NÜRNBERG Wie teuer ist unsere Kultur wirklich? 22,20 Euro kostet eine durchschnittlich gute Karte für die Oper „Emilia di Liverpool“. Beim Schauspiel „Platonow“ in der Tafelhalle sind 16,50 Euro für eine Karte der mittleren Kategorie fällig, und beim Ballett „Vasos Comuincantes“ waren es 17,30 Euro. Doch das sind bei weitem nicht die wirklichen Kosten. Für jede Opernkarte legt der Steuerzahler im Schnitt nochmal 198 Euro drauf. Beim Schauspiel sind es 121 Euro, und beim Ballett zahlen wir 170 Euro dazu. Aber auch andere städtische Dienstleistungen kosten viel mehr, als durch Gebühren oder Eintrittpreise in die Kassen kommt(siehe unten).

Zu den 533 Vorstellungen des Staatstheaters kamen in der Spielzeit 2008/2009 exakt 210715 Besucher. Sie zahlten im Schnitt 20,92 Euro pro Karte. Das entspricht aber nur knapp elf Prozent der wirklichen Kosten – ohne Zuschüsse müsste eine Opernkarte nämlich 222,22 Euro kosten. Beim Ballett müssten die Zuschauer 191,02 Euro bezahlen und beim Schauspiel immerhin 135,83 Euro.

198 Euro schießt der Staat bei einer einzigen Opernkarte zu!

Weil das das Aus für jegliche Theater-Kultur bedeuten würde, lassen sich Stadt und Freistaat die Bühnen richtig viel Geld kosten. Mit jeweils 16,6 Millionen Euro tragen sie den Großteil des 39,5 Millionen Euro-Etats des Staatstheaters. Angesichts solcher Zahlen gab es schon mal den nicht ganz ernst gemeinten Sparvorschlag, die Nürnberger Oper zu schließen – und allen Opernfreunden die Bahnfahrt zu Aufführungen nach München zu bezahlen! Das sei günstiger.

Für Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) ist das keine Lösung. Sie findet, dass Nürnbergs Bühnen nicht zu teuer sind. „Zuschüsse in dieser Höhe sind doch normal, schließlich müssen wir die Menschen, die hier arbeiten, ja auch bezahlen!“ So kommt die Deutsche Oper in Berlin zum Beispiel auf einen Zuschuss von 171 Euro pro Eintrittskarte.

Kultur sei als so genannter „weicher Standortfaktor“ wichtig und koste eben, sagt Kulturreferentin Lehner. Und sie macht noch eine andere Rechnung auf: „Volkswirtschaftlich gesehen wird mit den Zuschüssen ein hoher Mehrwert geschaffen.“ Konkret heißt das: „Wer ins Theater geht, gibt Geld für den Friseur aus und kauft sich vielleicht neue Schuhe. Der Caterer im Theater profitiert genauso wie der Produzent von Hustenbonbons und der Taxifahrer. Und dann wird vielleicht noch ein Babysitter bezahlt. Dazu kommen die Handwerker fürs Bühnenbild und die Lieferanten für Farbe und Holz! Wenn wir alle Beteiligten an einem Zweipersonenstück auf die Bühnen stellen wollen, dann würde die kaum ausreichen!“

Die Kulturreferentin hat sich argumentativ vorbereitet. Denn Lehner weiß, dass die städtischen Kassen leer sind. Und sie weiß, dass es nicht lange dauern wird, bis wie überall in Deutschland auch in Nürnberg die Diskussion um Sparvorschläge beim Staatstheater und höhere Kartenpreise beginnt. Michael Reiner

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