Gemeinsam mit den Steinadler fliegen: Das passiert in Bayern – aus gutem Grund
Hoch über dem Nationalpark Berchtesgaden ziehen nicht nur Steinadler ihre Kreise. Auch Gleitschirmflieger schweben durch die Luft. Um die fragile Balance zwischen Naturschutz während der Brutzeit und sportlicher Nutzung zu sichern, hat die Nationalparkverwaltung den sogenannten Berchtesgadener Weg entwickelt – und ist zum Vorreiter für viele Alpenregionen geworden.
Bis Ende Juni gelten Schutzzonen um Steinadler-Horste. "Diese haben sich etabliert", weiß Steinadler-Experte und Diplom-Biologe Ulrich Brendel. "Wir sprechen hier von Sperrzonen, die zwar nicht auf einer expliziten Rechtsverordnung beruhen, aber dennoch von Gleitschirmfliegern akzeptiert werden", sagt Ulrich Brendel, stellvertretender Leiter des Nationalparks und Leiter des Nationalparkzentrums Haus der Berge.
Die Schutzzonen umfassen für Hubschrauber jeweils einen Radius von einem Kilometer um aktive Horste. "Rettungsflüge sind erlaubt", so Brendel. Die Koordinaten der Brutplätze werden dazu dem Landesamt für Umwelt gemeldet, anschließend an das Luftamt Süd weitergeleitet. Auch die Gleitschirmfliegervereine in Berchtesgaden und Bad Reichenhall werden über die genauen Standorte informiert.
Besondere Vorschriften für Gleitschirmflieger
Für Gleitschirmflieger gibt es im Nationalpark Berchtesgaden besondere Vorschriften: Innerhalb der ausgewiesenen Sperrzonen müssen sie einen Mindestabstand von 500 Metern zu den Horsten einhalten. Generell gilt über Nationalparkgrund, 150 Meter über dem Boden zu bleiben, wobei Start und Landung eines Gleitschirmfliegers außerhalb der Parkgrenzen erfolgen müssen.

Notlandungen bilden die Ausnahme. "Falls diese Regelungen missachtet werden, dokumentieren wir das, wenn möglich, fotografisch und informieren die zuständigen Flugvereine", erläutert Brendel das Vorgehen der Verwaltung.
Der "Berchtesgadener Weg" zeichnet sich insbesondere durch seinen partnerschaftlichen Ansatz aus. "Wir waren die ersten Naturschützer, die aktiv mit den Piloten in Dialog getreten sind und ihnen offen mitteilen, wo die Horste liegen", sagt Brendel. Was einst als regionales Pilotprojekt begann, ist mittlerweile zu einem Modell avanciert, das sich in vielen Alpenregionen etabliert hat – überall dort, wo sensible Brutgebiete auf Gleitschirmsport treffen.
Die Akzeptanz unter den Piloten ist hoch
Die Erfolgsbilanz spricht dabei für sich, weiß der stellvertretende Nationalpark-Leiter: "Die Akzeptanz unter den Piloten ist hoch. Der Bruterfolg der Steinadler hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verbessert", sagt Brendel. Längst gilt das Prinzip "Kooperation statt Konfrontation" als vorbildlich im gesamten Alpenraum.
Gerade Steinadler reagieren äußerst empfindlich auf Störungen durch Luftfahrzeuge. "Schon eine kurzzeitige Annäherung kann dazu führen, dass Adler ihr Gelege oder ihren Nachwuchs verlassen", warnt Brendel. In der Folge sind Eier und Jungvögel akut gefährdet, entweder durch Überhitzung oder durch Unterkühlung, wenn die Elterntiere zu lange fernbleiben.
Erst gegen Ende Juni hat sich die Situation weitgehend wieder entspannt, weil die Jungadler dann stabil genug sind und die Bindung zu den Elterntieren groß genug ist, um auch bei Störungen nicht dauerhaft allein gelassen zu werden.
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