So schlimm steht’s um unsere Altenheime

Pflege-Report schockt Politiker: Drei alte Menschen wurden zu Tode gepflegt – 75Prozent der Einrichtungen fielen bei Kontrollen auf. Damit hat sich die Situation der rund 8300 Heimbewohner in Nürnberg nochmal verschlechtert.
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Eine alte Dame wird in einem Altenheim gefüttert – dafür fehlt in vielen Heimen längst die Zeit. Folge: Viele alte Menschen werden über eine Magensonde ernährt.
az Eine alte Dame wird in einem Altenheim gefüttert – dafür fehlt in vielen Heimen längst die Zeit. Folge: Viele alte Menschen werden über eine Magensonde ernährt.

NÜRNBERG - Pflege-Report schockt Politiker: Drei alte Menschen wurden zu Tode gepflegt – 75Prozent der Einrichtungen fielen bei Kontrollen auf. Damit hat sich die Situation der rund 8300 Heimbewohner in Nürnberg nochmal verschlechtert.

Den Schock müssen die Stadträte im Gesundheits-Ausschuss erstmal verdauen: Der Bericht der Nürnberger Heimaufsicht, 29 Seiten stark, ist ein Dokument, das in nüchternen Worten die schlimmen Zustände in den Nürnberger Altenheimen beschreibt. Demnach haben die Kontrolleure in mehr als 75 Prozent der 87 Heime Mängel festgestellt.

Damit hat sich die Situation der rund 8300 Heimbewohner in Nürnberg nochmal verschlechtert (im Vorjahr 67,7 Prozent Mängel). Vor allem die Befunde im pflegerischen Bereich lesen sich wie ein Bericht aus der Hölle. Skandalös: Drei Heimbewohner sind im letzten Jahr wegen Pflege-Mängeln gestorben!

Fall 1

Ein Bewohner stürzte mehrmals, ohne dass das Heim Maßnahmen zur Sturzprophylaxe ergriff. Der Mann starb an den Folgen des letzten Sturzes.

Fall 2

Eine Heimbewohnerin klemmte sich beide Beine im Bettgitter ein und brach sich die Oberschenkel-Hälse. Die alte Dame starb an den Folgen – das Gitter entsprach nicht der DIN-Norm.

Fall 3

Eine alte Dame kam ums Leben, weil sie mit dem Körper zwischen Bett und Seitengitter durchrutschte und mit dem Kopf stecken blieb. Die Frau erstickte – auch hier entsprach das Gitter nicht der richtigen Norm.

Selbst nach diesem tragischen Todesfall sah das Heim keine Notwendigkeit, andere Heimbewohner vor dem gleichen Schicksal zu schützen. Auch in anderen Heimen des gleichen Trägers fand die Heimaufsicht lebensgefährliche Pflegebetten.

Dreist

Obwohl die Behörde anordnete, dass alle bemängelten Betten entfernt oder umgerüstet werden müssen, fanden die Kontrolleure einige Tage später immer noch in zwei der Heime Mängelbetten – erst als die Heimaufsicht einen sofortigen Aufnahmestopp verhängte, wurden die Maßnahmen durchgeführt!

Weitere „Highlights“ aus der Liste der Pflegemängel

In sechs Fällen reagierte das Personal nicht oder nur extrem zeitverzögert auf die lebensbedrohliche Erkrankung eines Bewohners.

Bei fünf Bewohnern wurden akute Erkrankungen und Verletzungen erst versorgt, als Angehörige oder die Heimaufsicht einschritten.

Eine Sterbende wurde völlig sich selbst überlassen.

22 Heimbewohner wurden gefesselt, ohne zu überprüfen, ob es überhaupt notwendig war. Teilweise waren weder die gesetzlichen Betreuer informiert, noch lagen ärztliche Atteste vor.

Bei 32 Heimbewohnern wurde ein deutlicher Gewichtsverlust festgestellt, ohne die Ursache herausfinden zu wollen oder gar Pflege-Maßnahmen zu ergreifen.

Die Heimaufsicht fand bei 36 Bewohnern Aufliege-Geschwüre – ein sicheres Zeichen für lausige Pflege. Diese offenen Geschwüre waren teilweise unzureichend oder gar nicht versorgt!

Gabriele Penzkofer-Röhrl, Vize-Chefin der SPD-Fraktion, will jetzt prüfen lassen, ob die Horror-Heime künftig öffentlich mit Namen benannt werden können. Und CSU-Stadtrat Peter Bielmeier will die Zahl der Kontrolleure verdoppeln, um den Schwarzen Schafen noch mehr auf den Pelz zu rücken.

Winfried Vennemann

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.