«So etwas darf nie mehr passieren»

500 Menschen sind im Dauerregen zusammengekommen, um ihre Betroffenheit über den Anschlag auf den Passauer Polizeichef deutlich zu machen. «Das ist ganz fürchterlich», sagte eine Frau über die Tat in ihrer Nachbarschaft.
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Kerzen hielten die Bürger Fürstenzells bei ihrer Demonstration
dpa Kerzen hielten die Bürger Fürstenzells bei ihrer Demonstration

500 Menschen sind im Dauerregen zusammengekommen, um ihre Betroffenheit über den Anschlag auf den Passauer Polizeichef deutlich zu machen. «Das ist ganz fürchterlich», sagte eine Frau über die Tat in ihrer Nachbarschaft.

Mit Kerzenlicht gegen Neonazi-Gewalt - die Bürger von Fürstenzell haben nach dem Mordanschlag auf den Passauer Polizeidirektor Alois Mannichl am Montagabend ein leuchtendes Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt. Trotz strömenden Regens versammelten sich etwa 500 Menschen auf dem Marktplatz der 7800-Seelen-Gemeinde.

Die Bürger wollten mit der 20 Minuten dauernden Lichterdemonstration schweigend ihre Solidarität mit Mannichl zum Ausdruck bringen. Er war am 13. Dezember in dem Passauer Vorort niedergestochen worden, vermutlich von einem Neonazi. «Es ist nicht immer eine Schönwetter-Demokratie», kommentierte Rainer Roth den Dauerregen. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Elisabeth hielt er ein an einem Stab befestigtes Plakat in die Höhe: «Freiheit und Sicherheit gibt es nicht ohne Zivilcourage». Die Ex-Musiklehrerin hatte die Kinder von Mannichl früher unterrichtet und ist wie viele andere Fürstenzeller von der Neonazi-Gewalt schockiert. «So etwas darf nie mehr passieren», sagte Elisabeth Roth.

Alle wichtigen Institutionen sind dabei

Die Übersetzerin Eva Drüg war eine der ersten Teilnehmerinnen bei der Versammlung, schon rund eine halbe Stunde vor Beginn stand sie mit ihrem Licht auf dem Platz im Regen. «Ich arbeite selbst freiberuflich für Polizei und Justiz. Das ist ganz fürchterlich», sagte sie über das Attentat auf Mannichl. Drüg war die Demonstration gegen die Neonazis so wichtig, dass sie selbst vorher dafür geworben hat. «Ich habe versucht, die Nachbarn zu überreden mitzukommen, aber es ist mir nicht gelungen», sagte die aus Rumänien stammende Dolmetscherin etwas enttäuscht. Zu der Lichter-Demo hatten von der Gemeindeverwaltung über die Kirchen bis zur Feuerwehr fast alle wichtigen Institutionen in Fürstenzell aufgerufen. Der 52 Jahre alte Polizeichef lebt seit vielen Jahren mit seiner Familie in der Marktgemeinde rund zehn Kilometer südwestlich von Passau. Bei der Kommunalwahl im Frühjahr wurde er auch in den Gemeinderat gewählt.

«Die Menschen sind bestürzt über diese Tat»

Der bislang unbekannte Attentäter hatte Mannichl aus dem Haus geklingelt, ihm im Dunkeln aufgelauert und dem Polizeichef dann ein Küchenmesser in den Bauch gerammt. «Die Menschen sind bestürzt über diese Tat», sagte der evangelische Ortspfarrer Andreas Schmidt. Im nahen Passau hatten bereits eine Woche zuvor rund 300 Studenten gegen Rechtsextremismus und für den schwer verletzten Polizeichef demonstriert. In Fürstenzell wollte Bürgermeister Franz Lehner zunächst erst einmal abwarten, was die Ermittlungen der 50 Beamte umfassenden Sonderkommission ergeben. Nachdem es mittlerweile kaum einen Zweifel mehr gibt, dass die Tat auf das Konto von Neonazis geht, organisierte er den abendlichen Protest. Die Resonanz sei hervorragend gewesen, meinte der parteilose Rathauschef Lehner. «Es gab Zustimmung von allen Seiten.» Die Solidarität mit Mannichl in der Gemeinde sei sehr groß. «Er steht für viele Leute an der Spitze und hält den Kopf hin», sagte der Bürgermeister über den unermüdlichen Kampf des Polizeidirektors gegen rechte Gewalt und Aufmärsche von Neonazis. «Das muss man anerkennen.» Dass Fürstenzell vor rechten Schlägern nicht zurückweichen will, zeigte sich auch darin, dass die Demonstration nur wenige hundert Meter entfernt von einem örtlichen Treffpunkt der Extremisten stattfand. In einem normalerweise geschlossenen ehemaligen Café in Fürstenzell treffen sich seit einiger Zeit alle paar Wochen Neonazis aus der Region. Bürgermeister Lehner betont, dass die etwa 15 Neonazis, die dort regelmäßig zusammenkommen, aus anderen Orten anreisen. «Die haben hier nur ein Quartier.» (Ulf Vogler, dpa)

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