Siemens-Skandal: Anklage gegen Forchheims OB
Veruntreuung! Als Vorsitzender des Sportvereins VfB 1861 muss Franz Stumpf (CSU) jetzt die Verantwortung für unsaubere Geschäfte tragen.
NÜRNBERG/FORCHHEIM Jetzt ist auch noch Forchheims Oberbürgermeister Franz Stumpf (CSU) in den Strudel der Siemens-Affäre geraten. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg hat gegen ihn Anklage erhoben wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt in einer Vielzahl von Fällen.
Das Stadtoberhaupt hatte sich in seiner Funktion als Vorsitzender des VfB 1861 Forchheim in gefährliche Nähe zu Wilhelm Schelsky begeben. Der war im vergangenen Jahr vom Landgericht Nürnberg wegen Betrugs, Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Untreue zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. Schelsky sollte für die Siemens-AG eine unternehmerfreundliche Gegengewerkschaft zur IG Metall aufbauen – und hatte von Siemens dafür rund 50 Millionen Euro kassiert. Einen Teil des Geldes steckte Schelsky jedoch mit fragwürdigen Methoden in Sportvereine, um sich als großzügiger Gönner feiern zu lassen. Einer der Vereine war der VfB Forchheim.
Stumpf beteuert: „Ich habe mich auf Herrn Schelsky verlassen"
Den Ermittlungen zufolge gründete der Verein im Jahr 2000 eine Marketing-Gesellschaft. Sie sollte die Sponsorenaktivitäten übernehmen und im Gegenzug angestellte Spieler und Trainer des Vereins bezahlen. Das war jedoch laut Anklage ein reines Scheingeschäft. In Wirklichkeit entlohnte Wilhelm Schelsky mit dem Siemens-Geld einen Großteil der Handball-Mannschaften, entrichtete aber weder Lohnsteuer noch die fälligen Sozialversicherungsbeiträge. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass diese Vorgehensweise auch mit Stumpf abgesprochen und von ihm gebilligt worden sei.
„Die Ermittlungen gegen mich sind nicht schön, aber ich rege mich auch nicht besonders auf“, sagte der OB gestern zur AZ und versicherte gleichzeitig, dass er in die illegalen Machenschaften nicht direkt involviert sei. Stumpf: „Ich habe mich auf Herrn Schelsky verlassen.“
Für die anrüchigen Geschäfte sollen nach dem Willen der Staatsanwaltschaft auch der frühere Handball-Abteilungsleiter des Vereins sowie der Sportmanager Andreas Michallek zur Verantwortung gezogen werden. Michallek war Anfang 2004 in die Marketinggesellschaft eingetreten – und managte auch die Handball-Damen des 1. FC Nürnberg. Auch die bezogen ihr Geld zum großen Teil aus Schelskys „schwarzer Kasse“ – und stürzten in die wirtschaftliche und sportliche Pleite, als der Siemens-Mann hinter Gitter wanderte. Bei ihren Ermittlungen stießen die Fahnder auf ein regelrechtes Tohuwabohu. Michallek hatte demzufolge nur mit einigen ausländischen Spielerinnen Verträge abgeschlossen, die anderen wurden von Schelsky unter der Hand bezahlt.
Die Wirtschaftskammer des Landgerichts muss nun entscheiden, ob eine Hauptverhandlung zugelassen wird. Von der Staatsanwaltschaft wurden 66 Zeugen benannt.
Helmut Reister
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