„Sie trampelten über meine Tochter hinweg“
NÜRNBERG - Gebrochener Unterkiefer, innere Verletzungen: Die Nürnbergerin Christine R. überlebte die Hölle auf der Loveparade von Duisburg schwer verletzt.
Christine R. (19) aus Nürnberg hat den Hexenkessel von Duisburg überlebt. Das ist die Nachricht, die für ihre Familie in Nürnberg zählt – nach Stunden der maßlosen Angst. Die Sorgen aber sind geblieben: Christine R. wurde schwer verletzt. Die panischen Menschen waren über sie hinweg getrampelt.
Noch am Montag, zwei Tage nach der Katastrophe, galten über 1000 Menschen vermisst. Hinter dieser Zahl verbergen sich auch die Schicksale der Angehörigen, die um ihre Töchter und Söhne bangen. Wie viele andere Eltern auch, war Familie Familie R. aus Nürnberg rasend vor Angst um Christine (19). Erst nach sieben Stunden erhielten sie die erlösende Nachricht: Christine lebt. Aber sie liegt im Krankenhaus!
Die Verwaltungsfachangestellte hatte sich sehr auf das Wochenende gefreut. Doch auch für sie endete es im Tunnel in der Katastrophe.
Die Angst, die die Familie von der ersten Meldung über die Katastrophe an ausgestanden haben muss, kann sich wohl keiner ausmalen. Ist sie verletzt? Lebt sie überhaupt noch? Was ihre Eltern da noch nicht wussten: Die zierliche, nur 1,63 Meter große Frau war mitten im Hexenkessel des Tunnels. Sie konnte der drängenden Menge nichts entgegensetzen. Sie stürzte, wurde nach unten gedrückt, niedergetrampelt, überrannt.
Auch ihre Freunde, die mit ihr das Wochenende tanzend verbringen wollten, suchten verzweifelt nach ihr: Im Internet, per Twitter, auf dem Festivalgelände. Nach Stunden der Rat- und Hilflosigkeit jagte ein Freund (22) schließlich die erlösende Nachricht durchs Netz: Christine lebt, Ärzte kümmerten sich um sie.
„Da haben wir zum ersten Mal aufgeatmet“, erzählt Christines Vater. Aber: Die 19-Jährige ist schwer verletzt. Ihr Unterkiefer ist gebrochen. Sie hat noch unklare innere Verletzungen. Ihr Vater: „Sie ist stabil, seit gestern Früh ansprechbar. Die Ärzte sagten, dass diese Verletzungen von den Tritten der anderen Menschen gekommen sind.“
Jetzt geht es darum, dass Christine wieder auf die Beine kommt – und dass sie die traumatischen Erlebnisse verarbeiten kann. Am Wochenende wird der Vater nach Duisburg reisen – und endlich seine Tochter in den Arm nehmen.
Susanne Will
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