Sie ist die Chefin von einer Milliarde Männchen

Andrea Schauer (51) ist Geschäftsführerin von Playmobil. Als sie vor 10 Jahren das Job-Abgebot bekam, lehnte sie erstmal ab.
ZIRNDORF Nach ihren Stärken befragt, überlegt Andrea Schauer (51) lange. Es ist die einzige Pause in dem einstündigen Gespräch. Die Geschäftsführerin von Playmobil hat wohl über diese klassische Bewerbungsgespräch-Frage noch nie konkret nachgedacht. Wer sich mit ihr unterhält, bekommt schnell eine Vorstellung von der Persönlichkeit, die von Zirndorf aus über 3000 Mitarbeiter führt und für die Produktion von jährlich 100 Millionen Playmobil-Figuren verantwortlich ist – mehr als eine Milliarde seit ihrem Amtsantritt.
Zielstrebig und hartnäckig wirkt Schauer, aber auch begeisterungsfähig. Dazu trägt sie eine tiefe Abneigung gegen Routine zur Schau. „Ich tue mich manchmal sogar schwer, die Zähne auf die gleiche Art und Weise zu putzen“, räumt sie ein. Auch im Job mag sie Abwechslung: „Die Kombination aus Verantwortung und Kreativität ist das, was mich antreibt.“ Wenn Playmobil eine neue Spielwelt entwickelt, sitzt die Chefin selbst vor Ritterburgen, Schiffen oder Drachenhöhlen, baut auf und baut um und gibt Anregungen an das 60-köpfige Konstruktionsteam.
Die trockene Welt der Zahlen mag die Fränkin nicht besonders
Die trockene Welt der Zahlen aber mag die Fränkin aus dem benachbarten Roßtal nicht besonders. Dafür hat sie einen kaufmännischen Geschäftsführer. Das hat ihr auch die Entscheidung erleichtert, als Firmeninhaber Horst Brandstätter (76) sie 2000 auf den Chefsessel holte. Kein einfacher Schritt, wie sie unumwunden einräumt: „Ursprünglich wollte ich nicht so viel Verantwortung tragen.“ Die Volkswirtin kam acht Jahre zuvor zu Playmobil, schnell erkannte Brandstätter ihr Potenzial. „Aber für so viel Verantwortung war ich überhaupt noch nicht reif“, erinnert sich die Geschäftsführerin für Entwicklung, Marketing und Vertrieb. Brandstätter holte sich erstmal einen Korb.
Als Schauers Sohn (heute 19) schwer krank wurde, kündigte sie Brandstätter per Fax. Der aber wollte sie unbedingt halten: „Solange Sie nur eine Stunde in der Woche für Playmobil arbeiten können, tun Sie das!“
Gut ein Jahr lang arbeitete Schauer nur drei Tage in der Woche. Als sie wieder voll einsteigen konnte, war sie bereit für den Führungsposten. „Es ist ein großer Dampfer, den kann man nicht so ganz relaxt durch schwieriges Fahrwasser steuern“, weiß die Chefin der Geobra-Brandstätter-Gruppe. Ihre Akkus tankt die zierliche Frau beim Joggen auf – und im Kreis der Familie. Den Spagat zwischen Familie und Beruf hat Schauer auch dank der Eigenschaft hinbekommen, Fünfe gerade sein zu lassen: „Ich habe keine große Angst mehr davor, etwas mal nicht ganz so optimal zu machen.“ Das spiegelt sich auch in ihrem Führungsstil wider, der den Kollegen Freiräume lässt. „Ich muss nicht immer die Speerspitze sein, das wäre kontraproduktiv.“ Zehn Jahre mit einem stetigen Wachstum des Playmobilumsatzes auf 474 Millionen Euro bestätigen ihr Erfolgsrezept. Elke Richter