Sich im Walzertakt in den Pophimmel lügen

„The Great Bertholinis“ aus Nürnberg gehen auf Tour – mit großartigem neuen Album
von  Abendzeitung
Am Schauplatz ihres ersten Konzerterfolges: Oskar (Özgür Kantar) und Todor (Steffen Zimmermann) von den flunkernden „Bertholinis“ vor dem Neuen Museum.
Am Schauplatz ihres ersten Konzerterfolges: Oskar (Özgür Kantar) und Todor (Steffen Zimmermann) von den flunkernden „Bertholinis“ vor dem Neuen Museum. © Berny Meyer

NÜRNBERG - „The Great Bertholinis“ aus Nürnberg gehen auf Tour – mit großartigem neuen Album

Der wunderbare Wanderzirkus zieht weiter: The Great Bertholinis gehen wieder auf Tour – mit neuem Album „Planting A Tree Next To A Book“ (Hazelwood). Die AZ hat sich vorher mit Todor und Oskar getroffen, den beiden Direktoren der „hungarophilen Philharmonie“ auf sechzehn Beinen. Und hörte sich von den Front-Bartträgern („Die Bedeutung des Bartes wächst“) ein paar charmante Flunkergeschichten an: „Wir sind alle zwei Wochen vor der Tour in eine Bertholini-WG gezogen, um das Zusammenhocken im Bus zu üben.“

Wirkungsmächtige Urflunkerei

Wobei schon die Urflunkerei, dass die Bertholinis ein Artistenclan aus der Puszta seien, Magie versprüht. Und wirkungsmächtig war: Die Presse verbreitete die Geschichte freudig weiter – und ein Label fanden die Nürnberger darüber auch: „Dank unseres damaligen Bandfotos, dass mit diesem Zirkus-Image spielte.“ Die Mischung aus folkloristischer Balkan-Musik und Pop begeisterte: Vom Stadtfest bis zum kleinen Club trat der verquer-verspielte Familienclan an. „Wir wurden sogar einmal auf ein ungarisches Straßenfest gebucht. Davor hatten wir ganz schön Bammel“, erklärt Oskar lachend. Ungarisch spricht keiner in der Band. „Die Bertholinis leben ja schon in der zweiten Generation in Nürnberg, daher haben wir das verlernt“, erklärt Todor.

Beatles-Melodien summend in Richtung des perfekten Popsongs taumeln

Auf dem neuen Album haben sich die Ton-Artisten nach zwei Jahren Arbeit langsam aus der Manege verabschiedet; weg vom fröhlich tönenden Balkan-Folk, hin zu eigenständiger Popmusik: Die acht Wachträumer lügen sich auf „Planting“ walzer-taumelnd, Beatles-Melodien summend in Richtung des perfekten Popsongs. Einem, der niemals langweilig wird, zum Heulen und Lachen gleichzeitig schön ist, so schön, dass man möchte, dass er ewig ginge, und der dann doch genau die richtige Länge hat.

Gefühlte Großartigkeit

„Wir sind jetzt da, wo wir immer hin wollten – auch wenn wir am Anfang gar nicht wussten, dass wir da hin wollten, wo wir jetzt sind“, erklärt Todor die verwickelte Entwicklung zwischen Glockenspiel, Posaune und Gitarre. Todor und Oskar stehen vor dem Neuen Museum. Hier gaben die Bertholini ihr erstes größeres Konzert in Nürnberg, vor über 2500 Menschen beim Bardentreffen 2007. „Der Auftritt war gefühlt großartig“, sagt Oskar. Am 11. März kommt der Wanderzirkus auf Tour zwischen Kiel und Wien für ein Gastspiel zurück nach Nürnberg, in den MuZ-Club. Dann wird man feststellen: Sie sind angekommen, auf dem Weg von der Puszta in den plakativen Pophimmel. Martin Mai

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