Sensationsfund in Bayern: Pilze-Sammler entdeckt einen der seltensten Schammerl in Europa

Eine echte Rarität hat ein Pilzsammler nördlich vom Kloster Seeon in Bayern entdeckt: Einen Lilabraunen Schuppenwulstling. Was es damit auf sich hat.
Axel Effner |
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Ein Parasitenpilz, der weltweit bisher nicht mehr als ein Dutzend Mal nachgewiesen worden ist: der Squamanita pearsonii, der hier ganz offensichtlich einen Amianth-Körnchenschirmling befallen und bereits teilweise umgeformt hat. Das Fundstück aus dem Seeoner Forst ist etwa acht Zentimeter lang.
Ein Parasitenpilz, der weltweit bisher nicht mehr als ein Dutzend Mal nachgewiesen worden ist: der Squamanita pearsonii, der hier ganz offensichtlich einen Amianth-Körnchenschirmling befallen und bereits teilweise umgeformt hat. Das Fundstück aus dem Seeoner Forst ist etwa acht Zentimeter lang. © Thomas Glaser

Seeon-Seebruck - Nach der wahren Pilzschwemme im Juli und in der ersten Augusthälfte hat die anhaltende Trockenheit heuer für eine magere Ausbeute in der Hauptsaison im Herbst geführt. Dass Schwammerlsucher aber auch ungeahnte Glücksfunde machen können, zeigte sich jetzt in einem Waldstück nördlich von Kloster Seeon (Landkreis Traunstein).

Lilabrauner Schuppenwulstling: Einzigartiger Pilz in Deutschland gefunden

Dort stieß Gebhard Gaßner aus Chieming auf einen bundesweit wohl einzigartigen Pilz: den Lilabraunen Schuppenwulstling. Er gehört nach Auskunft des Pilzsachverständigen Till R. Lohmeyer aus Petting "zu den seltensten Lamellenpilzen Europas". In Bayern kannte man ihn bisher nicht.

Auch in der offiziellen Kartierungsdatenbank der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) ist die Art neu. Weltweit sind bisher nicht viel mehr als ein Dutzend Funde des Squamanita pearsonii bekannt. So etwa aus den USA, Kanada, Frankreich, Großbritannien, Skandinavien und der Schweiz.

Pilzexperte staunt: "Ein Pilz, den ich noch nie gesehen hatte"

Gaßner war an dem Tag mit einer vom Katholischen Kreisbildungswerk (KBW) Traunstein organisierten Pilzexkursion von 20 Teilnehmern unterwegs. Die wurde vom besagten Pilzsachverständigen Lohmeyer geführt. "Mir fiel auf, dass das Moos an dieser Stelle etwas anders war als sonst", schildert Gaßner die Situation. "Ich hätte den etwa acht Zentimeter langen Pilz, der mir nicht bekannt war, normalerweise gar nicht mitgenommen", erzählt der ehemalige Maschinenbauingenieur weiter.

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Doch da ein Pilzexperte die Schwammerlsuche geleitet hatte, nahm er das Fundstück mit, um mehr darüber zu erfahren. "Am Ende einer Pilzwanderung kontrolliere ich in der Regel noch einmal alle Körbe der Teilnehmer, um sicherzustellen, dass sie keine Giftpilze enthalten", sagt Lohmeyer. "Im Korb von Herrn Gaßner lag neben Maronen und Rotfußröhrlingen ein Pilz, den ich noch nie gesehen hatte", sagt der Buchautor und ehemalige Vizepräsident der DGfM.

Lohmeyer ergänzt: "Dass es sich um eine Squamanita-Art handelte, war mir sofort klar: Der im Verhältnis zur Stiellänge kleine Hut, die Farbe und vor allem der unterhalb der Mitte leicht spindelförmig verdickte, ockerbraune Stiel wiesen darauf hin."

Vom Pilz fanden sich nur wenige Beschreibungen in der Fachliteratur

Um sicherzugehen, um welche Art es sich genau handelt, untersuchte Lohmeyer das Fundstück ergänzend mit dem Mikroskop. Das Vorhandensein einer charakteristischen Art von "Pilzsamen" auf dem Stiel, sogenannte Chlamydosporen, passte zu einer der wenigen Beschreibungen eines Squamanita pearsonii in der Fachliteratur.

Benannt wurde die Art von dem niederländischen Mykologen Cornelius Bas, der sie im Jahr 1965 nach einem schottischen Fund aus dem Jahr 1950 beschrieben hatte.

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So selten der Pilz gefunden wird, so ungewöhnlich ist auch seine Ernährungsweise: Wie andere Squamanita-Arten auch lebt er nicht von toter organischer Materie wie Holz, Laub- oder Nadelstreu oder bildet – wie Steinpilze und Reherl – symbiotische Lebensgemeinschaften mit Bäumen. Stattdessen wachsen diese Pilze als "Parasiten" auf anderen Lamellenpilzen und unterziehen diese dabei quasi einer äußeren Metamorphose.

Dies lässt sich auch an dem im Seeoner Forst aufgetauchten Fundstück nachvollziehen. Im unteren Teil ist auf einem Foto noch als "Wirtspilz" ein Teil des Amianth-Körnchenschirmlings auszumachen. Dieser ist in den Nadelwäldern der Region weit verbreitet und wurde auch auf der Pilzexkursion in Seeon beobachtet.

Fundstück wird der Botanischen Staatssammlung in München übergeben

Wie geht es nun mit der Pilzrarität weiter? "Nachdem auch mein Freund Thomas Glaser aus Burgkirchen, einer der besten Pilzkenner der Region, die Bestimmung bestätigt hat, werden wir das inzwischen getrocknete Exemplar der Botanischen Staatssammlung in München übergeben", so Lohmeyer.

Dort seien Fundstücke dieses Ranges bestens aufgehoben und stünden für weitere Forschungen zur Verfügung. Stolz ist auch Finder Gebhard Gaßner: "Ich hätte nie gedacht, dass so ein kleiner Pilz für eine so große Sensation sorgen würde."

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