Sensation: Erlanger Ärzte operieren schlagendes Herz

Übergewicht, hohes Alter, Bluthochdruck: Neue OP-Technik an der Uni-Klinik macht Eingriff bei „Hochrisikopatienten“ möglich.
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Genaue Kontrolle: Über Bildschirme kann das Operations-Team den Eingriff am schlagenden Herzen genau steuern. Er dauert rund zwei Stunden.
abendzeitung 2 Genaue Kontrolle: Über Bildschirme kann das Operations-Team den Eingriff am schlagenden Herzen genau steuern. Er dauert rund zwei Stunden.
Die künstliche Herzklappe im ausgefalteten Zustand.
abendzeitung 2 Die künstliche Herzklappe im ausgefalteten Zustand.

Übergewicht, hohes Alter, Bluthochdruck: Neue OP-Technik an der Uni-Klinik macht Eingriff bei „Hochrisikopatienten“ möglich.

ERLANGEN Karl A. liebte sein Leben lang den Sport. Doch vor einem Jahr merkte er, dass er schon beim Treppensteigen keine Luft bekam. Beim Arzt dann die schreckliche Diagnose: „Hochgradige Aortenklappenstenose“, eine Einengung der Klappe zwischen linker Herzkammer und Brustschlagader. Praktisch das Todesurteil für den 88-Jährigen. Doch eine sensationelle Operationsmethode in Erlangen kann ihn retten!

Denn mit einem neuartigen Eingriff, der erstmals am schlagenden Herzen durchgeführt wird, hat die Uni-Klinik schon Carl M. (72) das Leben gerettet – kein anderes Krankenhaus hatte ihn behandeln wollen. Er galt als „inoperabel“.

Denn bislang bedeutete ein Aortenklappen-Ersatz für Patienten immer eine dreistündige Operation mit Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine. Das Herz wird dann regelrecht abgestellt, damit die Mediziner besser daran arbeiten können. Der Eingriff birgt aber ein hohes Risiko, vor allem für ältere und übergewichtige Menschen. Über 20 Prozent der Patienten überlebten nicht!

Doch ohne eine OP sind die Überlebenschancen noch viel geringer: 82 Prozent der Kranken sterben spätestens zwei Jahre nach der Diagnose, weil das Herz permanent gegen die verschlossene Klappe anpumpen muss. Irgendwann macht der Herzmuskel nicht mehr mit, Wasser sammelt sich in der Lunge. Die Patienten ersticken.

Todes-Risiko auf unter zehn Prozent gesunken

Bei der neuen Operations-Methode in der Erlanger Uni-Klinik ist das Risiko, die Operation nicht zu überleben, halb so hoch – und auf unter zehn Prozent gesunken. „Über einen Katheder wird eine künstliche Herzklappe in die defekte Aortenklappe eingesetzt“, erklärt Herzchirurg Professor Stephan Ensminger, der die Eingriffe zusammen mit anderen Erlanger Experten durchführt: Über eine Oberschenkelarterie oder durch einen fünf bis sechs Zentimeter großen Schnitt zwischen den Rippen wird ein Katheter bis ins Herz geschoben.

„Anschließend wird mit einem kleinen Ballon an der Katheterspitze die defekte Herzklappe aufgedehnt und dann eine Gefäßprothese mit integrierter Herzklappe (ein so genannter Herzklappen-Stent) präzise positioniert“, erklärt Herz-Fachmann Professor Josef Ludwig. Am Schluss wird die Prothese nochmals aufgedehnt und ersetzt die alte Klappe.

Durch die so genannte minimal-invasive Methode in Erlangen haben nun auch Risiko-Patienten mit Übergewicht, Bluthochdruck oder Nierenfunktionsstörungen eine größere Überlebenschance. Carl M., der bereits im Rollstuhl saß, macht auf der Reha täglich fleißig Fortschritte. Die Erlanger Uni-Klinik ist eine der wenigen Herzzentren in Deutschland, in denen diese OP gemacht wird.

Der sportbegeisterte Karl A., der bis zu der niederschmetternden Diagnose zweimal die Woche Sport getrieben hatte, er radelte und wanderte, ist froh, dass auch er hier operiert wird – und somit die Chance auf ein längeres Leben bekommt. Nur zwei Stunden wird der Eingriff dauern. Verläuft alles wie geplant kann der 88-Jährige schon nach einer Woche die Klinik wieder verlassen. Er ist optimistisch, alles gut zu überstehen: „Ich will ja wieder bei meiner Lauf-Gruppe mitmachen!“

Andrea Uhrig

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