„Selber malen geht nicht“
NÜRNBERG - Angelika Nollert, Chefin des Neuen Museums Nürnberg, über Geburtstagsgeschenke, die Vorteile kostenloser Kunst und ihr ganz persönliches Abschiedsritual für jede Ausstellung
Mit einem Empfang und einem Feuerwerk auf dem Klarissenplatz (21.30) beginnt heute das Geburtstagswochenende des Neuen Museums Nürnberg. Vor dem ersten Sektkorkenknall stellte sich Museums-Chefin Angelika Nollert den AZ-Fragen.
AZ: Mögen Sie Geburtstage?
ANGELIKA NOLLERT: Wieso?
Manche Leute mögen ja ihren Geburtstag nicht.
Ist ja nicht meiner, sondern der vom Museum. Aber ich freu mich schon. Es wird gefeiert, es kommen viele Menschen – und Zeitungen...
Gibt’s auch Geschenke?
Natürlich: Führungen, kostenloser Eintritt, Feuerwerk....
Nein, nicht für die Anderen – für das Geburtstagskind.
Aber sicher. Wenn Sie möchten, können Sie uns auch was schenken. Sie können uns die grauen Streifen an der Treppe abkaufen, die Daniel Buren uns 2009 beschert hat. Wir möchten sie gerne für das Museum übernehmen...
Können Sie die nicht einfach selber nachmalen? So schwer sieht das nicht aus...
Das geht natürlich gar nicht.
Ärgert man sich da nicht?
(grinst) Bei Kunst ärgert man sich nie, man denkt sich: Tolle Idee. Aber für je 100 Euro können Sie uns einen Streifen schenken. 228 Stück gibt’s, jeder Käufer kriegt ein Zertifikat und wenn alle verkauft sind...
...ist die Treppe bezahlt...
Nein, aber man kann mit dem Grundstock Mäzene suchen.
Das dürfte derzeit leichter fallen als noch vor zwei Jahren. Sie können ja auf erfreuliche Besucherzahlen verweisen.
Wir hoffen, dass das so bleibt.
Ist da die Grenze nach oben offen oder haben Sie bei zu vielen Besuchern Angst, zu beliebig oder zu gefällig zu sein?
Ich denke nicht, dass die Gefahr besteht. Die Besucherzahlen sind ja auch Folge neuer Schwerpunkt. Wir nutzen jetzt gezielt das Haus in seinen Besonderheiten, den Platz davor, die einsehbaren Räume und den Umgang der Künstler damit. Das hat einzigartige Vorteile, weil Sie beispielsweise völlig unvergleichbare Künstler plötzlich zu einander in Beziehung setzen können – darüber, wie sie sich mit der Situation hier vor Ort auseinandergesetzt haben. Und Sie erhalten damit einen Roten Faden, der Beliebigkeit nahezu ausschließt.
Der Erfolg scheint Ihnen Recht zu geben – aber muss man deswegen gleich drei Tage lang die Kundschaft kostenlos hereinlassen?
Wir wollen Interesse wecken. Wir wollen Menschen zum Besuch verführen, die sonst nicht auf die Idee kämen. Mein Ziel ist, dass jeder Nürnberger das Neue Museum als etwas begreift, was man ganz selbstverständlich seinem Besuch zeigen möchte.
Aber trotzdem: Die kostenlose Blaue Nacht ist ja auch absehbar. Geben Sie Ihr Angebot nicht zu billig weg?
Das Problem wurde ja schon bei den großen, einsehbaren Räumen diskutiert: Geht noch jemand rein, der schon viel davon gratis gesehen hat, oder sogar, wie jetzt bei Gerhard Mayer, den Entstehungsprozess verfolgen konnte? Die Antwort ist ja. Transparenz schafft Neugier. Wir haben über 1000 Führungen im Jahr, die Menschen suchen gezielt die Informationen zu dem, was sie sehen. Deshalb gibt es zum Geburtstag auch so viele kostenlose Führungen.
Wo ist der meiste Andrang?
Bei den Depot-Führungen.
Weil’s da was zu sehen gibt, was man sonst nicht sieht?
Scheint so zu sein..
Sie können ja immer stöbern. Nutzen Sie das manchmal?
Da unsere Ausstellungen immer wieder wechseln, sind Depotstücke nicht für immer weggeschlossen – es lohnt sich, regelmäßig zu kommen. Aber tatsächlich nehme ich mir oft abends den Generalschlüssel und sehe Teile allein an. Und ich nehme auch Abschied von jeder Ausstellung. Ein kleines Ritual: Am letzten Abend gehe ich nochmal durch die Räume und denke: „Schön war’s.“Timur Vermes
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