Schweinegrippe in Bayern: Das Virus breitet sich aus

MÜNCHEN - Erstmals steckt sich eine Frau an, die nicht selbst in Mexiko gewesen ist. Insgesamt gibt es damit vier Schweinegrippe-Fälle im Freistaat - so viele wie sonst nirgends in Deutschland. Bayerns Staatsregierung ist besorgt – und stockt den Tamiflu-Bestand auf.
Bisher lief der Kontakt per E-Mail oder Telefon. Doch jetzt sind zwei Experten des Berliner Robert-Koch-Instituts vor Ort in der Oberpfalz. Der Grund: Am Donnerstag bestätigte sich die erste Schweinegrippe-Infektion von Mensch zu Mensch in Deutschland. Bei einer Krankenschwester aus Mallersdorf wurde das Schweinegrippe-Virus nachgewiesen. Die nächsten Verdachtsfälle konkretisieren sich. Klar ist: Der Schwerpunkt liegt in Bayern.
„Leider wieder zwei bestätigte Verdachtsfälle in Bayern“ meldete Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) am Freitag. Vier sind es damit insgesamt, die beiden ersten, eine Frau (37) aus Kulmbach und ein Gleichaltriger aus Pfakofen (Oberpfalz), sind mittlerweile wieder beschwerdefrei. Und auch der erste Fall, in dem das Virus in Deutschland übertragen wurde, verläuft sehr positiv: „Ihr geht es gut“, so Söder über die Krankenschwester aus dem Landkreis Landshut, die im Kontakt mit dem zunächst im Mallersdorfer Krankenhaus liegenden 37-Jährigen (AZ berichtete) angesteckt wurde. Ebenfalls wieder gesund: Fall Nummer vier, ein Mexikoreisender Mitte 20 aus dem Raum Freising.
Mit den nächsten Bestätigten ist stündlich zu rechnen, so Andreas Zapf vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (siehe Interview). Zumindest einer der derzeit beobachteten elf Verdachtsfälle hat sich mit großer Wahrscheinlichkeit das Schweinegrippe-Virus eingefangen. Auch die Tatsache, dass nicht alle elf Betroffenen zuvor in Mexiko waren, ist ein Hinweis darauf, dass die Zahl der Erkrankten noch deutlich steigen wird.
Der bayerische Tamiflu-Bestand wird aufgestockt
„Wir werden unsere Wachsamkeit weiter erhöhen“, erklärte Minister Söder. Bisher wird jeder Patient mit einschlägigen Symptomen mit Tamiflu behandelt, es werden die Kontaktpersonen ermittelt, die mögliche Infektionskette durchleuchtet – schnell und ressortübergreifend.
Söders Vorschlag, den bayerischen Tamiflu-Bestand aufzustocken, wurde von Ministerpräsident Horst Seehofer aufgegriffen. So bald wie möglich sollen genügend Präparate für 30 (bisher 20) Prozent der bayerischen Bevölkerung bereit liegen – „damit wir für alle Eventualitäten gerüstet sind“, so der Minister.
Zudem werden jetzt auch die Passagiere in direkt aus den USA nach München einreisenden Flugzeuge behandelt wie der wöchentliche Direktflieger aus Mexiko: Alle Fluggäste erhalten Merkblätter und werden auf Wunsch medizinisch beraten.
Außerhalb Bayerns gibt es bundesweit bisher nur einen bestätigten Schweinegrippe-Fall in Hamburg. Dabei handelt es sich um eine 22 Jahre alte Frau, die ebenfalls in Mexiko gewesen war. „Wir müssen mit weiteren Ansteckungen auch innerhalb Deutschlands rechnen“, sagte Jörg Hacker, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI). Dass die Krankheit in Mexiko so viel heftiger verlaufe als bei den bisherigen Fällen in Deutschland, sei vermutlich auf die dortige Grippesaison zurückzuführen. „Und auf die bessere medizinische Versorgung bei uns“, ergänzte Söder.
Rudolf Huber