Schulsystem in Bayern bekommt nur mittelmäßige Noten – die Staatsregierung feiert dennoch
Die Bayern sind mit ihren eigenen Schulen zwar nicht wirklich glücklich, doch zufriedener als die Menschen anderswo in der Republik. Das geht aus einer am Dienstag veröffentlichten Studie des eher arbeitgebernahen Münchner Ifo-Instituts hervor. Dabei geben 41 Prozent der Bayern ihrem eigenen System die Noten 1 oder 2, in Nordrhein-Westfalen sind es dagegen nur 20 Prozent.
Die Note 4 oder schlechter vergeben im Freistaat nur 22 Prozent und damit nicht einmal jeder vierte Befragte. Auch Baden-Württemberg schneidet mit 30 Prozent guten Noten besser ab als der Bundesschnitt (27 Prozent). Die anderen Bundesländer werden vom Ifo aus statistischen Gründen nur als Regionen gebündelt ausgewertet. Die Ergebnisse liegen mit Werten zwischen 24 und 26 Prozent guten Noten sehr nah beisammen.
Schulsystem: Menschen in Bayern etwas zufriedener als im Bundesdurchschnitt
Bei den Detailfragen nach den Problemfeldern Lehrermangel, unzureichend sanierte Schulgebäude und Lernrückstände durch Corona schneidet Bayern jedes Mal zwar am besten ab – teilweise jedoch auf niedrigem Niveau.
74 Prozent der Bayern halten den Lehrermangel für ein "ernsthaftes" oder "sehr ernsthaftes" Problem. Ohnehin ist der Vorsprung hier nur knapp: Bundesweit sind es 77 Prozent, die eine solch negative Bewertung abgeben.
Auch unzureichend sanierte Schulgebäude halten die meisten Befragten für ein ernsthaftes Problem: Bundesweit sind es 58, in Bayern nur 47 Prozent. Lernrückstände durch Corona werden in der Region Mitte-West aus Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland mit 65 Prozent am häufigsten als ernsthaftes oder sehr ernsthaftes Problem gesehen. Im Bundesdurchschnitt sind es 61 Prozent, in Bayern 57 Prozent. Die Ländervergleichsdaten aus dem Bildungsbarometer wurden erstmals veröffentlicht.
"Gibt in Bayern große Mängel": Opposition widerspricht Kultusminister Michael Piazolo
Der bayerische Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) zeigt sich dennoch sehr zufrieden über das Abschneiden des Freistaats. Er freue sich über die "hervorragenden" Ergebnisse, die sich in "die vielen aktuellen positiven Bewertungen der letzten Zeit" einreihten. Bayern stehe "im Bildungsbereich sehr gut da". Piazolo: "Es wird hier unser Weg in der Bildungspolitik bestätigt."

Die Opposition ist weniger euphorisch. "Eine 3 ist nur befriedigend und nicht sehr gut. Es gibt auch in Bayern große Mängel", sagt Matthias Fischbach, Bildungsexperte der FDP-Landtagsfraktion, der AZ.
Lehrerverband klagt: "Lösungen für den Lehrermangel fehlen"
Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), teilt Piazolos Euphorie ebenso wenig: "Wie viele Studien brauchen wir denn noch, um die Thematik des Lehrermangels festzuschreiben?" Der AZ sagt sie: "Wir wissen doch längst, wo es krankt." Was bei der Studie fehle, seien die Lösungen für den Lehrermangel. "Vom Wiegen wird die Sau nicht fetter", konstatiert die Gewerkschafterin.
Es sei legitim, dass Piazolo im Wahlkampf die bayerische Bildungspolitik lobe, doch er dürfe sich nicht nur auf die schönen Zahlen beschränken, sagt Fleischmann und fügt hinzu: "Bayern hat mit 2,82 zwar eine bessere Durchschnittsnote bekommen als NRW mit 3,18 – aber der Schnitt würde in Bayern nach der vierten Klasse nur für die Mittelschule reichen."
Bayern hinkt im Bereich Inklusion und Bildungsgerechtigkeit weit hinterher
Die Staatsregierung müsse den Lehrermangel endlich effektiv bekämpfen. Zudem hinke der Freistaat in manchen Bereichen deutlich hinterher - so etwa in den Bereichen Inklusion und Bildungsgerechtigkeit. "Der schulische Erfolg eines Kindes hängt in Bayern stark vom Geldbeutel und dem Bildungsniveau der Eltern ab."
Ein Problem der Ifo-Studie und auch anderer jüngst veröffentlichter Studien, bei denen der Freistaat zuletzt gut abschnitt, ist Experten wie Fleischmann zufolge, das ganze Bereiche wie Integration oder Inklusion nicht oder zu wenig eingeflossen seien. In allen Bundesländern spielt Bildung für die nächste Landtagswahl eine wichtige Rolle. "Für 76 Prozent der Befragten in Bayern ist das Thema Schul- und Bildungspolitik wichtig für ihre Entscheidung bei den Landtagswahlen", sagt Ifo-Bildungsökonom Ludger Wößmann.
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