Schönau am Königssee: Widerstand gegen Wohnheim für afghanische Ortskräfte

100 afghanische Ortskräfte sollen nach Schönau am Königssee. Der Bürgermeister meint: Dafür fehlen die Kapazitäten.
Kilian Pfeiffer |
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In den aus mehreren Gebäuden bestehenden Schapbachhof, ein ehemaliges Freizeitheim, sollen noch diesen Monat 100 afghanische Ortskräfte einziehen.
In den aus mehreren Gebäuden bestehenden Schapbachhof, ein ehemaliges Freizeitheim, sollen noch diesen Monat 100 afghanische Ortskräfte einziehen. © Foto: Kilian Pfeiffer

Schönau am Königssee - Für die Tourismusgemeinde Schönau am Königssee ist es eine Herausforderung, der man sich nicht gewachsen sieht: 100 afghanische Männer sollen in das ehemalige Ferienwohnheim Schapbachhof einziehen. Bürgermeister und Gemeinderäte wollen das seit Monaten verhindern. "Nicht, weil wir gegen Ausländer wären, sondern weil wir uns nicht mehr in der Lage sehen, zu handeln", sagt Bürgermeister Hannes Rasp.

Diskussion wurde vorläufig ausgesetzt

Schönau am Königssee hat 5.500 Einwohner. 100 Asylbewerber leben hier, 100 Flüchtlinge kamen vergangenes Jahr - und nun reisen weitere 100 afghanische Ortskräfte an. Im Gemeinderat herrscht betretenes Schweigen.

Bürgermeister Hannes Rasp (kl. Bild) ist dagegen, dass im Schapbachhof 100 afghanische Ortskräfte einziehen.
Bürgermeister Hannes Rasp (kl. Bild) ist dagegen, dass im Schapbachhof 100 afghanische Ortskräfte einziehen. © Foto: Kilian Pfeiffer

Die Diskussion zum Thema wurde auf Wunsch eines Lokalpolitikers ausgesetzt. Gemeinderat Beppo Maltan hatte Sorge, im Eifer des Gefechts etwas Falsches zu sagen. "Ich muss mich darauf gut vorbereiten", sagt er. Hannes Rasp sagt: "Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht." Er habe unzählige Telefonate geführt, "heute noch mit dem Innenminister", sagt er. Mit dem Regierungspräsidenten hat er mehrfach gesprochen. "Mit allen möglichen Stellen." Gebracht hat all das nichts. "Ich weiß nicht mehr weiter."

Die Regierung von Oberbayern hat ein Objekt angemietet, das über Jahre ein Ferienwohnheim war. Der Vermieter ist der Landkreis Schwäbisch Hall, in dessen Eigentum sich das große Haus befindet.

In den aus mehreren Gebäuden bestehenden Schapbachhof, ein ehemaliges Freizeitheim, sollen noch diesen Monat 100 afghanische Ortskräfte einziehen.
In den aus mehreren Gebäuden bestehenden Schapbachhof, ein ehemaliges Freizeitheim, sollen noch diesen Monat 100 afghanische Ortskräfte einziehen. © Foto: Kilian Pfeiffer

Über die Nutzung des Schapbachhofes mit 168 Betten als Übergangswohnheim, wie es offiziell heißt, war Rasp früh informiert worden. Die Gemeinde hat sich bereits im Herbst vergangenen Jahres gegen die neue Nutzung ausgesprochen.

Schapbachhof liegt "fernab vom Schuss"

"Wir waren immer offen, Leute aufzunehmen", sagt Rasp. "Aber nur solange es funktioniert und solange eine Integration möglich ist. Ein Zuzug in Maßen, nicht in Massen", sagt er. Die Gemeinde Schönau am Königssee ist im Verhältnis zu ihren Einwohnern Spitzenreiter im Landkreis Berchtesgadener Land, was die Anzahl und die Zuweisung von Menschen aus dem Ausland betrifft.

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Der Schapbachhof liegt entfernt vom Ortskern. Gemeinderat Thomas Janzen bezeichnet die Einrichtung als "Einödhof in der Prärie". Die nächste Bushaltestelle erreicht man in 1,3 Kilometern zu Fuß. Es gibt keine Straßenbeleuchtung. Fernab vom Schuss seien die Leute, die dort einziehen sollen, sagt der Bürgermeister.

Afghanische Ortskräfte sind keine Asylbewerber

Es fehlt an Personal, das sich um die Neuankömmlinge kümmern kann. "Integration muss aber gelingen", sagt Rasp. Bei den Ortskräften handelt es sich nicht um Asylbewerber: Im Gegensatz zu Asylsuchenden reisen sie mit Aufenthaltserlaubnis ein, mit der sie "jederzeit eine Arbeitsstelle annehmen" könnten, heißt es bei der Regierung von Oberbayern. Ebenso dürfen sie eine Privatwohnung beziehen, wenn ihnen eine solche angeboten wird. Die ehemaligen Ortskräfte seien vor der Einreise "sicherheitsüberprüft" worden.

Bürgermeister befürchtet weiteren Widerstand

Rasp hat Sorge: Kritik richtet er daher an die Regierung, "die jeden willkommen heißt, ohne klares Konzept" und ohne Rücksicht auf die sowieso schon überforderten kleinen Gemeinden. "Vor Ort ist es nicht mehr leistbar, sich um alle zu kümmern", sagt er.

Rasp sagt, das Übergangswohnheim soll ein Jahr bleiben. Das habe ihm der Vermieter mitgeteilt. Von der Regierung wurde ihm zugesichert: Maximal zwei Jahre würden die Gäste bleiben. Rasp glaubt das nicht. In seiner Gemeinde regt sich Widerstand. Der Bürgermeister befürchtet seit längerem, dass die Stimmung in der Bevölkerung kippen könnte. Noch in diesem Monat sollen die afghanischen Ortskräfte anreisen.

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  • Der wahre tscharlie am 02.03.2023 17:59 Uhr / Bewertung:

    Vielleicht bilde ich es mir nur ei, aber in letzter Zeit lese ich vermehrt von solchen Fällen, wo man Asylbewerber in sehr kleinen Gemeinden unterbringen will, und die dazu "weit ab vom Schuß" sind.
    Ich will ja nicht behaupten, dass die Politik da sozialen Sprengstoff produziert.
    In diesem Fall kommt ja noch dazu, dass die afghanischen Ortskräfte sofort arbeiten können und vermutlich relativ gut deutsch oder englisch sprechen.

    Aber wenn ich jeden Tag 1,3km bis zum Bus laufen muß, um überhaupt zu einer Arbeitsstelle zu kommen, oder mich vorstellen muß, dann würde ich mir auch überlegen, ob ich dort lange bleibe.
    Deshalb entsteht bei mir der Eindruck, dass die Politik, nicht der Bürgermeister, "bewußt" solche abgelegenen Plätze sucht. Denn eine Integration an solch einem abgelegenen Platz ist sehr schwierig.
    Wobei Söder am Aschermittwoch sagte, Bayern wäre Integrationsweltmeister. Nur gehört da mehr dazu, als nur eine Wohnung zur Verfügung zu stellen.

  • Ichglaubsned am 02.03.2023 17:06 Uhr / Bewertung:

    Warum glauben Sie denn, dass nur Männer kommen? Weil die Ortskräfte schlichtweg nur Männer waren! Welche Frauen würden Sie denn holen wollen? Irgendwelche? Da würden die anderen Kommentatoren vermutlich genauso aufschreien (weil kein Asylgrund bzw. Flüchtlingsgrund). Und für alle, die hier die gelebte direkte Demokratie fordern: wenn wir von Menschen sprechen, die unter den Schutz der Genfer Konvention fallen (und ich vermute, dass dies hier der Fall ist), gibt es keine Abstimmung mehr - die ist unmittelbar geltendes Recht in allen Staaten. Das einige Staaten auch in der EU schlichtweg Rechtsbruch in dieser Frage begehen, ist kein Entschuldigungsgrund.

  • Himbeergselchts am 03.03.2023 11:47 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Ichglaubsned

    Ortskräfte waren nur Männer? Und die haben Reinigungsarbeiten erledigt, gekocht und Klos geputzt?
    Vielleicht. Fakt ist, dass Frauen in dieser Kultur, insbesondere durch die Taliban und andere Terrorgruppen aufs übelste unterdrückt werden.

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