Schnupperkurs für blinde Golfspieler

Sehbehinderte machen in Würzburg bei einem bayernweit einmaligen Projekt Erfahrungen
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Sehbehinderte machen in Würzburg bei einem bayernweit einmaligen Projekt Erfahrungen

WÜRZBURG Für die Landschaft hoch über Würzburg haben die Sportler keinen Blick. Wer hier den Golfschläger schwingt, kann nicht mehr oder fast nicht mehr sehen. Acht Teilnehmer des Berufsförderungszentrums Würzburg, eines Bildungszentrums für Blinde und Sehbehinderte, nehmen die Herausforderung an. Sie machen zusammen mit acht Spielern der ersten Mannschaft des Golfclubs Würzburg einen Kurs...

Zunächst ist Fühlen angesagt. Die Sehenden lassen die Blinden Ball, Schläger und Loch ertasten, führen ihnen den Arm. Dann wird es ernst für die Teilnehmer, unter ihnen auch Florian Bauer. Dem 30-Jährigen ist Sport wichtig. Er spielt bei Bayerns einziger Blinden-Bundesligafußballmannschaft des Berufsförderungswerks mit.

„Wenn wir blind ganz ordentlich Fußball spielen können, warum nicht auch Golf?“, gibt er sich vor dem Gang auf das Putting Green zuversichtlich. Um es den Blinden etwas zu erleichtern, wurde dieses vorher gesandet, damit die Bälle nicht zu weit rollen.

„Es gab kaum einen Unterschied zu sehenden Anfängern“

Der 30-jährige Bauer steht trotz einer restlichen Sehkraft von nur fünf Prozent vor einer Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten und jetzt vor der Herausforderung, den kleinen weißen Golfball aus wenigen Metern Entfernung ins Ziel zu bugsieren. Sein Begleiter Raphael Gaillard richtet zunächst den Schläger so aus, dass er mittig zum Ball steht. Dann bewegt er sich zum Loch und klopft mit dem Golfball auf den metallenen Fahnenstock, um ein Gefühl für die Entfernung zu geben. „Drei Meter“, gibt er noch als Information mit, bevor sein blinder Partner durchschwingt.

„Er hat das Loch getroffen, aber so fest, dass er drübergesprungen ist“, fasst der sehende Golfspieler das Ergebnis des Schlages zusammen. Wenige Versuche später kündet ein leichtes Klappern vom Erfolg. Der blinde Niederbayer ist zufrieden.

Ähnlich begeistert ist auch die Hamburgerin Céline Kolberg. Sie begann mit Mitte 20 zu erblinden. „Ich habe nicht geglaubt, dass ich überhaupt den Ball treffe“, sagt sie begeistert. Sie kann nur noch schemenhaft Farben wahrnehmen und wagt sie sich sogar auf die Driving Range. Dort befördert sie den Ball über 70 Meter weit. Zum Erstaunen der normalen Golfer. „Es gab kaum einen Unterschied zu sehenden Anfängern“, so Gaillard. Er sei beeindruckt gewesen, wie gut es den Blinden gelungen sei, Entfernungen einzuschätzen.

Der Schnupperkurs in Würzburg ist in Süddeutschland der erste dieser Art. Nur in der Nähe von Bremen gebe es schon einen speziellen Golfplatz für Sehbehinderte. Derzeit sei in der Diskussion, ob Blindengolf 2016 paralympisch wird. Einige Fans jedenfalls hat der Vizepräsident des 17 Mitglieder starken deutschen Blindengolfverbandes an diesem Abend hoch über Würzburg gewonnen. „Ich werde jetzt Golferin“, sagt Céline Kolberg. Ralph Bauer

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