Schmökerstunde mit Werbeeffekt

NÜRNBERG - Dichter dran im Großraum: Wer bei beim fränkischen Literaturfestival LesArt, in Nürnberg und Erlangen liest.
Nun lesen sie wieder, die Dichter und Denker vor, die nach dem Erlanger Sommerhoch einen Bogen um die Metropolregion machten. Bei LesArt stehen sich die prominenten Namen gegenseitig auf den Füßen, Nürnberg und Erlangen blasen zum Gegenangriff. Viel zu erleben also für jene, denen das Dichterwort nicht nur gedruckt heilig ist.
Eva Mattes, die am 5. November im Schwabacher Markgrafensaal mit Lyrik und Chansons die Berliner Schnauze sucht und damit LesArt einläutet, schreibt zwar nicht selbst. Aber bei Stars schaut man nicht so genau hin. Anders Irene Dische, die am 14. November in der Alten Synagoge Schwabach „Clarissas empfindsame Reise“ im Gepäck hat. Andere Schwergewichte sind Sibylle Lewitscharoff (9.11. mit „Apostoloff“) und Wibke Bruhns (14.11. mit „Meines Vaters Land“), die ebenso in der Laufer Bertleinschul-Aula liest wie Ex-Innenminister Gerhart Baum (15.11.), der vielleicht etwas spät die Republik verteidigt.
Mit Alleinstellungsmerkmalen kann das mittelfränkische Literaturfestival sonst nicht gerade punkten: Viele Autoren sieht man bei uns öfter (zum Beispiel Helmut Krausser, der am 6.11. in Schwabach liest), stammen ohnehin aus Franken (die frischgebackene Nürnberger Kulturpreisträgerin Christiane Neudecker liest am 14.11. in Fürth, Gerhard Falkner am 11.11. in Schwabach) oder sind als Doppelagenten im Großraum unterwegs. Wie „Maria“-Söhnchen Jan Weiler, der am 13. November nach Lauf kommt und sich am 14. Dezember in Erlangen wiederholt. Oder Rafik Schami, syrisch-deutscher Meistererzähler, der am 10. November in Lauf und nur vier Tage später in der Erlanger Buchhandlung Rupprecht aus dem „Geheimnis des Kalligrafen“ liest.
Andere beglücken den Großraum inflationär, wie Robert Menasse, der schon Gast beim Poetenfest war, am 8. November in Fürth und einen Tag darauf in Schwabach liest („Ich kann jeder sagen“). Den Fürth-Auftakt im Kulturforum stemmt Ketil Bjornstad am 7. November am Klavier wie am Lesepult. Seine Romane, Lyrikbände und Biografien stapeln sich mittlerweile weit höher als die CD-Veröffentlichungen des Grenzen sprengenden Pianisten.
Nürnberg kontert — mit großen Namen und fränkischem Witz. Leon de Winter ist wieder abgereist, aber am 28. Oktober forscht Herfried Münkler im Literaturhaus nach den „Deutschen und ihren Mythen“ — inklusive Nürnberg-Kapitel (20 Uhr). Dort reist am 30. Oktober Sams-Erfinder Paul Maar mit Tochter Anne und dem gemeinsamen Buch „Mehr Affen als Giraffen“ an (15 Uhr), dicht gefolgt von Kinderbuch- und Roman-Autorin Mirjam Pressler (12.11.), die sich in „Grüße und Küsse an alle. Die Geschichte der Familie von Anne Frank” einmal mehr mit ihrem Lebensthema auseinandergesetzt hat. Am 10. Dezember gibt Peter Esterházy dem Literatur-Glamour Zucker mit „Keine Kunst“, während sich Franken-Dauerbrenner Fitzgerald Kusz zum 65. Geburtstag mit dem Lyrikband „Der Vollmond über Nämberch“ und zwei Lesungen beschenkt (12.11. Thalia Buchhaus Campe, 24.11. Literatur-Café).
Auch Erlangen punktet — mit dem bestsellernden Krimi-Duo Volker Klüpfel und Michael Kobr („Rauhnacht“) übermorgen im E-Werk, wo am 1. Dezember Szene-Liebling Wolf Haas um „Der Brenner und der liebe Gott“ kreist. Um die Auflage muss sich auch die Bambergerin Tanja Kinkel nicht sorgen, die am 13. November mit „Säulen der Ewigkeit“ in die Stadtbücherei kommt. Und wenn Felicitas Zeller am 6. November im Markgrafentheater aus ihrem Roman „Einsam lehnen am Bekannten“ liest, darf man unterstellen, dass das Theater auf einen gewissen Werbeeffekt setzt für die Premiere ihres flächendeckend gespielten Sozialarbeiterdramas „Kaspar Häuser Meer“, das am 19. November in der Erlanger Garage Premiere hat. Georg Kasch