Schilddrüse: So wichtig ist der Schmetterling im Hals

Jeder dritte Erwachsene in Deutschland weist krankhafte Veränderungen an dem lebenswichtigen Organ auf.
von  Abendzeitung
Jodmangel ist die häufigste Ursache für Fehlbildungen der Schilddrüse.
Jodmangel ist die häufigste Ursache für Fehlbildungen der Schilddrüse. © AZ Archiv

Jeder dritte Erwachsene in Deutschland weist krankhafte Veränderungen an dem lebenswichtigen Organ auf.

NÜRNBERG Sie wachsen heimlich, still und leise: Knoten in der Schilddrüse, die sich zu einem Kropf auswachsen und unter Umständen auch bösartig sein können. Jeder dritte Erwachsene in Deutschland weist heute krankhafte Veränderungen an der Schilddrüse auf, von denen er nichts bemerkt. Jeder zweite Erwachsene über 45 ist bereits an der Schilddrüse erkrankt. Die häufigste Ursache: chronischer Jodmangel. Das zeigte sich in der bundesweiten und angesehen Studie der Schilddrüsen-Initiative Papillon (franz. Schmetterling).

Obwohl die meisten Menschen in den letzten zwanzig Jahren ein starkes Bewusstsein für die Bedeutung von Jod in der Nahrung entwickelt haben, besteht laut des Nürnberger Experten Dr. Mathias Beyer, „noch kein Grund zum Jubeln“. Obwohl es mittlerweile in jedem Supermarkt jodiertes Speisesalz zu kaufen gibt und die meisten Milchprodukte Jod enthalten, nimmt der Bundesbürger im Schnitt immer noch zu wenig Jod pro Tag zu sich (siehe Kasten).

Vor allem bei älteren Menschen ist Jodmangel immer noch ein Problem. Vor wenigen Jahren untersuchte Dr. Beyer im Rahmen der Gesundheitstage in Nürnberg über hundert Freiwillige. „Bei den 70- bis 80-Jährigen hatte fast jeder Knoten in der Schilddrüse“, erinnert sich der Arzt. „Man weiß nie, ob solche Knoten nicht doch bösartig sind“, so Dr. Beyer. Das komme zwar nicht sehr oft vor. „Man sollte aber doch zum Arzt, um das abklären zu lassen.“

Immerhin: Erkrankungen der Schilddrüse werden heute verhältnismäßig früh erkannt. Dr. Beyer: „Jahrelang mit einer Schilddrüsenerkrankung herum zu laufen, passiert eher selten.“ Richtige Funktionsstörungen - Über- und Unterfunktion – treffen ebenfalls hauptsächlich ältere Menschen. „Bei den Über-50-Jährigen sind es mit rund vier Prozent immer noch eine ganze Menge.“

Warum ist die Schilddrüse so wichtig? Die Schilddrüse stellt lebenswichtige Hormone her, die wesentlich auf den Stoffwechsel, das Herz-Kreislaufsystem, die Muskulatur, das Nervensystem wirken.

Welche Symptome? Bei einer Vergrößerung: eventuell Schwellungen im Halsbereich; Bei Überfunktion: beschleunigter Herzschlag, Hitzegefühl, starkes Abnehmen, Haarausfall, Reizbarkeit, Rastlosigkeit. Unterfunktion: Frieren, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtszunahme.

Was passiert im Körper? Jodmangel regt das Wachstum in der Schilddrüse an. Knoten entstehen, ein Kropf kann sich bilden. Eine vergrößerte Schilddrüse kann die Luftröhre einengen oder den Stimmbandnerv schädigen.

Funktionsstörungen entstehen bei Entzündungen der Schilddrüse. Deren Ursache ist nicht geklärt. Die Schilddrüse produziert entweder zu wenig oder zu viel Hormone. Der Stoffwechsel läuft entweder auf Hochtouren oder fährt runter.

Wie behandeln? Knoten müssen unter Umständen operativ entfernt werden. Im Allgemeinen ist eine solche OP heute unproblematisch. Dr. Beyer: „Oft helfen schon Jodtabletten.“

Wann zum Arzt? Bei ungeklärter Gewichtsabnahme. Druckgefühl im Hals, Heiserkeit. Wenn große Müdigkeit nicht am Blutdruck liegen.

Wie vorbeugen? Rauchen kann die Jodaufnahme im Körper blockieren und so Schilddrüsenerkrankungen begünstigen. Das Forum Schilddrüse rät daher zum Rauchverzicht, in jedem Fall aber zu einer regelmäßigen und ausreichenden Jodzufuhr. Genügend Jod über Nahrung zu sich nehmen. Jodtabletten werden eigentlich nur Schwangeren oder stillenden Müttern verschrieben. mp

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