Rothenburg: Streit um Kutschenverbot
ROTHENBURG/ANSBACH - Nach dem qualvollen Tod eines Kutschpferdes hat die Stadt die Touristen-Attraktion verboten. Jetzt hoffen die Fuhrunternehmer auf eine Entscheidung des Ansbacher Verwaltungsgerichts
Jahrzehntelang waren die Pferdekutschen eine beliebte Touristenattraktion im mittelfränkischen Rothenburg ob der Tauber – und ein Zankapfel zwischen Tierschützern, Stadtverwaltung und Fuhrunternehmen. Nach dem Willen der Stadtväter soll das Klappern der Pferdehufen in der mittelalterlichen Altstadt nun endgültig verstummen. Aus Angst um ihre Existenz sind deshalb fünf Fuhrhaltereien vor Gericht gezogen. Sie verlangen, dass das Verwaltungsgericht Ansbach an diesem Donnerstag darüber urteilt, ob die Sperrung der Altstadt seit 1. Januar in ihre Berufsfreiheit eingreift oder nicht. Die Stadt hat das Verbot bis zu einem Urteil außer Kraft gesetzt.
Grund für das Verbot ist unter anderem der qualvolle Tod eines Kutschpferdes vor den Augen entsetzter Touristen im August 2009. Bereits kurz darauf hatte der Stadtrat beschlossen, die Notleine zu ziehen und die Droschken zum Beginn des neuen Jahres aus dem Stadtkern zu verbannen. Damit sollte ein Imageschaden Rothenburgs durch negative Schlagzeilen verhindert werden. Schließlich kommen jährlich rund 1,5 Millionen Besucher in das pittoreske Städtchen.
Fünf Kilometer Kutschfahrt - "für Pferde keine Arbeit"
Fuhrunternehmer Reinhold Wieland, dessen Pferd im August verendete, sieht der Gerichtsverhandlung mit Spannung entgegen - schließlich geht es um seine Existenz. „Ich lebe von dem Geschäft. Wenn es bei dem Verbot bleibt, bedeutet das: Mein Lebenswerk ist bankrott“, sagt der 55 Jahre alte Kläger. „Der tägliche Tourismus ist das A und O.“ Er biete zwar auch Fahrten für Brauereien an, aber allein davon zu leben sei unmöglich. Den Tod seines Pferdes im August bedauere er sehr. Das Tier sei damals ausgerutscht und gestürzt. Zwar sei es wieder auf die Beine gekommen, aber vor Aufregung habe der Kreislauf versagt, erklärt der 55-Jährige, der 19 Pferde und mehrere Kutschen besitzt.
Die Begründung des Stadtrates für das Verbot hält der Fuhrunternehmer für „an den Haaren herbeigezogen“. Oberbürgermeister Walter Hartl (parteilos) hatte unter anderem auf eine Geruchsbelästigung in der Altstadt sowie Sicherheitsprobleme für Passanten hingewiesen. Tierschützer sprachen von Tierquälerei. Wieland wies dagegen darauf hin, dass ein Pferd maximal fünf Kutschfahrten pro Tag mache. „Das sind ungefähr fünf Kilometer.“ Dies sei keine Arbeit für die Tiere.
„Einige werden vermutlich als Salami enden“
Oberbürgermeister Hartl erklärt dagegen: „Wir haben aufgrund erkannter Verkehrsgefahren die Altstadt für die Kutschen gesperrt.“ Das Risiko, dass ein Pferd in den teils engen Gassen scheue und mitsamt der Kutsche losrenne, sei einfach zu groß. „Es reicht schon ein Hundebellen, dass ein Pferd durchgeht.“ Nach dem Vorfall im August habe die Stadt Zeitungsberichte über Vorkommnisse mit Pferdekutschen der letzten zehn Jahre ausgewertet: „Wir waren erschrocken, wie viele Berichte wir fanden. Das reichte von fahrerlosen Kutschen, scheuenden Pferden bis zu Beschädigungen und anderen Zwischenfällen“, sagte der Leiter des Ordnungsamtes, Roland Pfaffelhuber, damals.
Die Berufsfreiheit der Kutschbetriebe sieht Oberbürgermeister Hartl durch das Fahrverbot nicht betroffen. Schließlich könnten die Kutschen weiterhin außerhalb des Altstadtbereichs fahren. Fuhrunternehmer Wieland hofft dennoch, dass das Verwaltungsgericht im Sinne der Kutschenbetriebe entscheidet. „Wenn die am Donnerstag sagen: "In Rothenburg keine Kutschen mehr!" – dann bin ich ein Sozialfall. Was dann mit den Pferden passiert, daran will ich gar nicht denken.“ Ein anderer Kutscher fand noch deutlichere Worte: „Einige werden vermutlich als Salami enden.“
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