Rosenkrieg: Ein Vater kämpft um seine Söhne

„Hallo Papa, bitte, bitte, hol mich hier raus!“ In etwas krakliger Kinderschrift hat Michael* seinen Herzenswunsch auf ein Blatt Papier geschrieben. Der Grund für den verzweifelten Hilferuf: Der 12-Jährige und sein kleiner Bruder Max* (10) müssen in einem Kinderheim leben. Ihrer Mutter wurde ein Teil des Sorgerechts entzogen – zum Vater dürfen sie nicht.
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Gemeinsam am Steuer: Manfred Kulm mit seinen Söhnen Michael und Max. Derzeit können die Drei über ihr Leben nicht selbst bestimmen.
abendzeitung Gemeinsam am Steuer: Manfred Kulm mit seinen Söhnen Michael und Max. Derzeit können die Drei über ihr Leben nicht selbst bestimmen.

WEISSENBURG - „Hallo Papa, bitte, bitte, hol mich hier raus!“ In etwas krakliger Kinderschrift hat Michael* seinen Herzenswunsch auf ein Blatt Papier geschrieben. Der Grund für den verzweifelten Hilferuf: Der 12-Jährige und sein kleiner Bruder Max* (10) müssen in einem Kinderheim leben. Ihrer Mutter wurde ein Teil des Sorgerechts entzogen – zum Vater dürfen sie nicht.

Seit Jahren streiten die Eltern ums Umgangsrecht mit den beiden Blondschöpfen. Ein Richter entschied deshalb, dass die Brüder im ungeliebten, streng geführten Heim bleiben müssen. Und jetzt, so hat ihr Vater erfahren, sollen sie auch noch getrennt werden.

„Ich liebe die beiden über alles. Es ist furchtbar, wie meine Kinder hier kaputt gemacht werden“, sagt Manfred Kulm*. „Wir waren nie verheiratet, ich habe keinerlei Chance auf das Sorgerecht. Meine einzige Möglichkeit ist zu warten, bis die Jungs volljährig sind und frei entscheiden können.“ Bis dahin seien die Kinderseelen aber zerstört. Liebend gern würde er sich um die Kinder kümmern: „Sie lehnen ihre Mutter ab und wollen zu mir – aber das Jugendamt verbietet uns jeglichen Kontakt“, klagt der verzweifelte Vater.

Schon nach Michaels Geburt kriselte es in der Beziehung der Eltern. Immer wieder rauften sie sich zusammen, aber im Juli 2003 kam der endgültige Schlussstrich.

Eine Einigung scheint in weiter Ferne

Seitdem tobt ein erbitterter Kampf darum, wer die Kinder wann sehen kann. Dutzende von Anzeigen beschäftigen die Behörden, ein Gutachten wurde erstellt. Ausgerechnet als der Vater mit den Jungs in die Sommerferien fahren wollte, brachte die Mutter sie in der Psychiatrie unter – für den Vater völlig grundlos. Und eine Einigung der Eltern scheint in weiter Ferne.

Eine Situation, die die Kinder sehr belastet. „Michael reagiert auf die Spannungen der Eltern...mit Hautreaktionen, Migräne und aggressivem Verhalten“, schrieb das Jugendamt im März 2007 ans Amtsgericht.

Auch die Mutter sei demnach psychisch sehr belastet. Mehrfach hatte sie einer Fremdunterbringung zugestimmt – dann wieder abgelehnt: „Seit die Mutter festgestellt hat, dass der Unterhalt Michaels nun dem Jugendamt zufließt, hat sie ihre Haltung gegenüber einer Fremdunterbringung schlagartig geändert.“ Da die Mutter kein eigenes Arbeitseinkommen habe, so heißt es in dem Schreiben weiter, würde durch die Unterbringung im Heim „ein Großteil ihrer finanziellen Mittel (Unterhalt und Kindergeld) wegfallen“. Es geht also (auch) ums Geld.

Vater und Mutter wohnen in Nachbarhäusern

Obwohl Manfred Kulm die Kinder gerne zu sich nehmen würde, lehnt das Jugendamt dieses ab: „Eine Übertragung des Sorgerechts auf den Vater erscheint ungeeignet, da davon auszugehen ist, dass die Spannungen weiterhin fortbestehen würden.“ Denn Vater und Mutter wohnen in Nachbarhäusern. Beide gehören Kulm, einem erfolgreichen Geschäftsmann im Kreis Weißenburg-Gunzenhausen. Der Mutter der Kinder hatte er das Wohnrecht einst vertraglich zugesichert.

Dass sich Papa und Mama einfach mal zusammensetzen und ihren Streit regeln, wäre das Beste für die Brüder. „Aber das ist nicht mehr möglich“, sagt Kulm resigniert.

Die Mutter wollte sich gegenüber der AZ auch auf mehrfache Anfrage nicht äußern. Ihre Anwältin reagierte schroff: „Herr Kulm ist jemand, der viel erzählt und nicht immer die Wahrheit sagt. Wir werden dazu keine Angaben machen.“

"Entscheidungen über die elterliche Sorge muss das Familiengericht treffen"

Über den aktuellen Stand im Kampf um Michael und Max hält sich das Jugendamt zurück: „Wir stehen in einem gewissen Dilemma, wollen nicht mauern, dürfen aber eigentlich keine Auskunft geben“, erklärt Vize-Chef Stefan Lahner. Nur soviel: „Das Wohl der Kinder hat eine Heimunterbringung erfordert, und die Gründe bestehen weiterhin. Entscheidungen über die elterliche Sorge muss das Familiengericht treffen.“

Von einer innigen Umarmung mit seinen Söhnen kann Kulm derzeit nur träumen. Wenn die Sehnsucht besonders groß wird, dann hört er seine Mobilbox ab und lauscht der Stimme seines Sohnes: „Hallo Papa, ich wünsche Dir eine Gute Nacht, dein dich liebender Michael“. *Name geändert au/sw

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