Richter ziehen in alte Klos
NÜRNBERG - Aus Platznot werden im Nürnberger Justizpalast jetzt 18 Toiletten umgebaut - sie werden zu neun neuen Richterzimmern
Die Nürnberger Justiz baut um – und wirbelt nicht nur durch das Aufreißen von Böden und Wänden Staub auf. Denn im altehrwürdigen Gebäude in der Fürther Straße, in dem täglich rund 1000 Personen arbeiten oder Prozesse besuchen, werden die Wege aufs stille Örtchen länger. Denn im Zuge der Umbaumaßnahmen sind 18 Toiletten verschwunden. Sie werden paarweise zusammengelegt und umgebaut – zu neun neuen Richterzimmern. Der Grund: die chronische Platznot im Justizpalast mit seinen 700 Räumen.
Muss man jetzt Schlange stehen, wenn’s pressiert? Nein, erklärt Justizsprecher Thomas Koch: „Nach den Richtlinien der Arbeitsstätten-Verordnung haben wir sogar noch immer zu viele WCs.“ Nach der Sanierung gebe es 61 Herren- und 67 Damen-Toiletten. Doch nur 25 müssten für Herren und 45 für Damen vorhanden sein. In den bereits zu Dienstzimmern umgewandelten Klos erinnert nichts mehr an Urinalbecken und WC-Schüsseln. Wo Arbeiter noch werkeln, werden bald Schreibtische stehen.
„Wir sind froh, dass wir auf diese Weise Platz bekommen“, sagt der Justizsprecher. Die Raumnot sei ein Dauerproblem. Auch, weil immer mehr Teilzeit-Richter und vor allem -Richterinnen im Gebäude arbeiten. Und eine Mehrfachbelegung der Zimmer, wie in Unternehmen üblich, sei nicht machbar, stellt Thomas Koch fest: „Ein Richter muss in Freiheit und Unabhängigkeit entscheiden. Er darf sich von niemandem beeinflussen lassen, auch nicht vom Zimmerkollegen.“ Er muss also alleine über Akten brüten können.
Derzeit sind manche Räume nur über Holzstege erreichbar, denn in den Gerichtsgängen werden Steinplatten und Kabel für die EDV-Anlagen verlegt. Flurbeleuchtung samt Brandmelder-Anlagen mit Lichtschranken werden ebenfalls erneuert. Die Sanierung des gesamten Justizpalastes dauert noch Jahre. Sie kostet 50 Millionen Euro.cis
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