Retter stolz über spektakulären Einsatz hoch über München

Nein, das war wirklich kein gewöhnlicher Einsatz, schüttelt Thomas Reithmeier den Kopf. Der Münchner Feuerwehrler hatte zusammen mit seinem Team aus Höhenrettern eine bei einem Sturz verletzte Frau von der Aussichtsplattform des Alten Peters abgeseilt, weil die benötigte Trage nicht durch das enge Treppenhaus passte. Also bauten sie rund 60 Meter über dem nur wenige Schritte entfernten Marienplatz eine riesige Seilrutsche – und brachten die Gestürzte am Karabiner baumelnd nach unten.
"Wo wir raufgekommen sind, ist von der Pressestelle schon die Drohne über uns gestanden – da haben wir gewusst, da schauen viele zu", erzählt Reithmeier mit seinem bairischen Einschlag. Zudem verfolgten viele Passanten den spektakulären Rettungseinsatz vom belebten Platz vor dem Rathaus aus. Reithmeiers Konzept, um mit dem Druck umzugehen: "Man muss einfach ruhig bleiben, immer alles doppelt und dreifach kontrollieren, auch wenn der Notarzt sagt, es pressiert."
Trage durch Mini-Loch im Zaun hinausgehievt
Für die fünf Höhenretter bedeutete das höchste Konzentration. "Da ist oben ein kleines Loch drin in dem Gitter, das außen um den Turm herumgeht. Gerade so, dass die Trage durchgeht, etwa ein dreiviertel Meter auf einen dreiviertel Meter", schildert der Einsatzleiter. Doch bevor sie die Verletzte da hindurch hieven konnten, mussten sie erst einmal schauen, wo sie die Seile und Fixpunkte befestigen können – mehrere Zaunpfosten dienten letztlich zusammengefasst als Zentralpunkt.
"Der ganze Balkon ist ja eingefasst wie ein Eisenkäfig, und oben ist noch ein Dach drüber aus Eisenstäben, damit niemand drüberkraxeln kann", schildert Reithmeier die Verhältnisse hoch oben am Alten Peter, wie der Turm der ältesten Pfarrkirche Münchens vis-à-vis des Rathauses genannt wird. "An dem Dach haben wir zwei Flaschenzüge festgemacht und mit dem Flaschenzug die ganze Trage angehoben, und dann haben wir sie durch das Loch durchgeschoben, in die Seilbahn eingehängt und nach unten gebracht."
"Fühlt sich wahnsinnig grausig an"
Ein Kollege hing während der Abseilung neben der Trage, um der 35-Jährigen beizustehen. "Das Problem ist der Übergang, bis man frei im Seil hängt", schildert Reithmeier. Davor ruckelt es, gibt leichte Stöße, sackt etwas nach, und "wenn man da drin liegt, fühlt sich das wahnsinnig grausig an. Für die Patientin war das am Anfang wirklich schlimm."
Zwar hatte die Feuerwehr einen ähnlichen Einsatz bereits vor zwei Jahren und ihn vor einem Jahr noch einmal geübt – Routine sei das dennoch nicht, betont Reithmeier. "Da ist man immer froh, dass der Patientin und den Leuten im Team nichts passiert ist – die haben ja alle Familie daheim."
Höhenrettung nur Nebenaufgabe
Genau eine Stunde dauerte der Einsatz vom Eintreffen an der Kirche bis zur Übergabe der Verletzten an den Rettungsdienst. Als die Trage zu Boden schwebte, applaudierten die Schaulustigen. "Das tut jedem gut, da hat sich jeder von uns gefreut", gibt Reithmeier zu. "Man muss schon sehen, dass wir hauptberuflich Feuerwehrleute sind. Wir machen ja nicht nur Höhenrettung, wir machen das nach einer Zusatzausbildung nebenbei."
Was der Qualität ihrer Arbeit keinen Abbruch tat – das Team zumindest ist's zufrieden. "Und selbst in meiner Heimat in Berchtesgaden reden sie mich an", erzählt Reithmeier nach dem Einsatz am Sonntagnachmittag. Und bilanziert durchaus stolz: "A Werbung war's koa schlechte."