Restaurantbetreiber nahe München treffen schwere Entscheidung: "Nicht bezahlbar"

Das Feinkochwerk Eatery am Pilsensee macht Weltküche mit regionalen Produkten. Personalmangel, Inflation und Mehrwertsteuer machen den Betreibern des Restaurants bei München aber zu schaffen.
Niclas Vaccalluzzo
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Die Innenräume des ehemaligen Bahnhofgebäudes wurden von Grund auf saniert.
Die Innenräume des ehemaligen Bahnhofgebäudes wurden von Grund auf saniert. © Feinkochwerk Eatery

Seefeld - Das Fünfseenland scheint ein Faible für Restaurants in historischen Bahnhöfen zu haben. Nachdem der Steinebacher Bahnhof in Wörthsee bereits das Hot Chilli mit balinesischer Küche beheimatet, ist am Bahnhof Seefeld-Hechendorf die Feinkochwerk Eatery angesiedelt. Die hat sich die AZ mal angeschaut.

Eatery bei München: Historisches Bahnhofsgebäude am Pilsensee stand kurz vor dem Abriss

Eigentlich sollte das über 120 Jahre alte Bahnhofsgebäude in Hechendorf gar nicht mehr stehen. Ihm droht 2015 der Abriss, bis die damals fast 90-jährige Isabel Mühlfrenzel den Bahnhof kauft und durch eine aufwendige Sanierung zu neuem Leben erweckt. Die bekannte Wirtschaftsjournalistin wohnte quasi gegenüber und habe schon länger die Vision einer Top-Gastronomie in den historischen Räumlichkeiten gehabt. "Dann haben wir uns gefunden", erzählt Ines Czaya, Inhaberin der Feinkochwerk Eatery. "Wir haben uns die Location angeschaut, die Dame kennengelernt und das hat dann gepasst."

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Turbulente Jahre für die Betreiber: Fachkräftemangel und Inflation sorgen für Probleme

Das Ganze war vor fast fünf Jahren und die waren für Ines Czaya und ihren Ehemann Georg – Koch in der Feinkochwerk Eatery – eher turbulent. Mit der Eröffnung 2019 ist das Paar unglücklich in die Corona-Pandemie reingerutscht. Und seitdem sei ohnehin nichts mehr, wie es war, sagt Czaya. Insbesondere der Fachkräftemangel mache den Münchnern zu schaffen.

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"Die Menschen haben teilweise Gehaltsvorstellungen, die nicht bezahlbar sind", sagt Czaya. Und die Auswahl auf dem Land sei ohnehin nicht sehr groß. Als die AZ zu Besuch ist, steht das Ehepaar alleine da und muss sich auf den Abend vorbereiten.

Die Preissteigerungen und der Wiederanstieg der Mehrwertsteuer in der Gastronomie sorgen ebenso für Probleme. Gerade die Czayas, die in ihrer Küche ausschließlich regionale Zutaten verwenden, spüren das sehr. "Wir können ja auch nicht alles auf den Gast umlegen", beklagt Czaya. "Es ist gerade sehr dramatisch und auf dem Land sterben reihenweise die Gasthöfe aus." Die Czayas legen viel Wert auf die Qualität ihrer Zutaten.

Fisch aus dem Ammersee und Wild aus dem Forstgebiet Pähl: In der Feinkochwerk Eatery gibt es nur Regionales

Der Fisch kommt aus dem Ammersee und das Fleisch von hiesigen Metzgern. "Weltküche mit regionalen Produkten" nennt Czaya das Küchenkonzept. An diesem Abend stehen auf der wöchentlich wechselnden Speisekarte Gerichte wie Ramen mit Nudeln aus der Ramenmanufaktur in München oder Rehragout aus dem Forstgebiet Pähl mit Polenta – das der AZ-Volontär probiert hat. "Wir sind beide sehr kreativ in der Küche", sagt Czaya.

Das merkt der Testesser an der Nachspeise: Die Crème brûlée war auf einen Boden aus Brandteig gespritzt und das hausgemachte Beerensorbet eingewickelt in Popcorn.

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Erster Platz bei TV-Show "Mein Lokal, dein Lokal"

Vergangenes Jahr konnten das Ehepaar sogar die Testesser in der TV-Show "Mein Lokal, Dein Lokal" auf dem Sender KabelEins von sich überzeugen. In der treten fünf Gastronomen gegeneinander an, um das beste Restaurant ihrer Stadt oder Region zu finden. Die Czayas konnten den ersten Platz für sich verbuchen. "Das hat uns sehr gepusht", sagt Czaya.

Die Schwierigkeiten sorgten dennoch dafür, dass die Betreiber eine folgenschwere Entscheidung treffen mussten. "Bei den Öffnungszeiten haben wir jetzt extrem reduziert", sagt Czaya. Nur noch zwei Tage – Freitag und Samstag – hat die Feinkochwerk Eatery seit Jahresanfang geöffnet. Das Ehepaar will sich nun wieder mehr auf sein zweites Standbein konzentrieren – das Catering.

Im Restaurant soll es neben den regulären Öffnungen in Zukunft vermehrt spezielle Dinner-Events geben. Kürzlich habe es ein "Magic-Dinner" gegeben, bei dem ein Tischzauberer aus München durch den Abend führte. Auch ein "Hip-Hop and Dine" mit DJ, Menü und anschließender Party sei gut angekommen. Weitere Events dieser Art sollen nun folgen. Während dieser Veranstaltungen können laut Czaya bis zu 85 Menschen im Lokal Platz nehmen. Ansonsten hat man etwa 55 Sitzplätze und im Außenbereich noch einmal 70.

Vom ehemaligen Bahnhof in Seefeld-Hechendorf merkt man nur noch wenig

Die Preise in der Feinkochwerk Eatery für eine Hauptspeise liegen bei 23 bis 28 Euro. Die Vorspeisen gibt es ab 6,50 Euro – für einen Salat.

Die Feinkochwerk Eatery von Ines und Georg Czaya befindet sich im ehemaligen Bahnhofsgebäude in Seefeld-Hechendorf.
Die Feinkochwerk Eatery von Ines und Georg Czaya befindet sich im ehemaligen Bahnhofsgebäude in Seefeld-Hechendorf. © Niclas Vaccalluzzo

Vom Flair einer ehemaligen Wartehalle des Bahnhofs spürt man nicht mehr viel. Lediglich ein Schriftzug an der Wand – "Wartebereich II. Klasse" - lässt die Geschichte des Gebäudes erahnen. Ansonsten sind die Innenräume, bis auf die rustikale Holzdecke, zeitgemäß und passend zum Konzept.


Öffnungszeiten der Eatery: Freitag und Samstag von 17 bis 22 Uhr, Bahnhofstraße 4, 82229 Seefeld-Hechendorf

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19 Kommentare
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  • AufmerksamerBürger am 03.03.2024 22:43 Uhr / Bewertung:

    Fachkräfte wollen Döner und keinen deutschen Fraß!

  • Monaco_Flote am 03.03.2024 20:53 Uhr / Bewertung:

    Ja man lebt halt gerne in der Stadt. Fahren Sie doch mal bitte in Vororte mancher Städte, diese verkommen immer mehr zu Schlafdörfern. Bäcker weg, Metzger weg, Wirtschaft weg. Unfassbar naiv Ihre Aussage. P.s. zum Glück wohne ich in der Innenstadt, aber ich beneide einige Leute nicht, die jetzt nicht unbedingt in Tourismusregionen wohnen.

  • BingoMuc am 03.03.2024 07:25 Uhr / Bewertung:

    Liebe Wirte.. das mit dem kaputten Kartenlesegerät auf Eurer Homepage ist doch Unsinn, wer glaubt Euch sowas? wenn ich Umsatz machen will dann muss ich alle Zahlungsmöglichkeiten anbieten! und der Hinweis mit den negativen Faktoren … Na ja, bringt das Sympathie? Hört auf zu jammern, gebt Gas, Eure Karte ist toll!

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