Prügel-Bande: Jetzt spricht ihr Box-Boss
Drei der sechs Jugendlichen, die in Nürnberg acht Menschen krankenhausreif schlugen, trainierten den Sport. Sie werden nun ausgeschlossen
NÜRNBERG Von der Sechser-Bande, die in einer Prügelorgie in der Nürnberger Innenstadt acht Menschen niedergeknüppelt hat, trainierten drei im Amateur-Box-Sport. Der Verein fürchtet nun, der ganze Sport könne in Misskredit gebracht werden und zieht es vor, zu schweigen. Doch einer redet: Manfred Hopf, der Bezirksjugendwart beim Bayerischen Amateur-Box-Verband in Mittelfranken. Er kannte die drei Schläger.
Der 59-Jährige aus Röthenbach/Pegnitz weiß, wovon er redet. 1976 erkämpfte er in Ghana eine Bronze-Medaille bei der Weltmeisterschaft. Jetzt gibt Hopf seine Erfahrung an junge, boxbegeisterte Sportler weiter. Drei aus der Prügel-Gang trainierten das Boxen in seinem Verband. Hopf sagt: „Ich bin fassungslos und maßlos enttäuscht.“
Onur K. (18), Mehmet R.* (17) und Ruslan J. (18) wollten es im Boxsport zu etwas bringen. „Onur und Mehmet hatten das Zeug dazu“, urteilt Hopf. Die Sportler aus Nürnberg waren im Bayern-Kader und holten dort Titel. „Ich kannte sie als brave Jungs, die regelmäßig und fleißig trainierten, die die Wettkämpfe ernst nahmen, die Respekt vor ihrem Trainer und den Gegnern hatten. Und dass gerade sie wahllos auf Unbeteiligte eingeprügelt haben sollen – darauf kann ich mir einfach keinen Reim machen.“
„In einen Menschen kann man nicht reinschauen“
Onur K. und Ruslan J. sitzen in Haft, Mehmet R. wurde freigelassen. „Vor allem Mehmet war fleißig. Wenn er Erfolge hatte, trainierte er noch härter.“ Dass Onur K. Vorstrafen hatte, sei „vermutlich bekannt“ gewesen. Doch was wusste der Verein? „Dass er mal etwas geklaut hatte.“ Im Bundeszentralregister stehen bei Onur K., der bei der Polizei als Intensivtäter gilt, fünf Einträge: Freizeitarrest wegen Beleidigung, Arrest wegen Körperverletzung, zehn Monate Bewährung wegen Diebstahls. Welche Konsequenz hat die Prügelnacht? „Sie werden natürlich ausgeschlossen“, so Hopf. Er glaubt nicht, dass künftig jeder Junge, der Boxen will, ein Führungszeugnis vorlegen muss. „In einen Menschen kann man nicht reinschauen“, Hopf meint das im Positiven wie im Negativen.
Auch er ist ratlos. „Ich hatte nur Erfolge durch Disziplin. Die lernen die Jungs von ihren Trainern. Doch die müssen künftig noch mehr tun: Sie müssen auch die Persönlichkeit der Athleten entwickeln.“ Erziehungsarbeit also? „Ja. Sie müssen ihnen beibringen, dass Boxer nicht auf der Straße prügeln. Zum Sport gehört vor allem Respekt für den Gegner. Das haben die alle in der Nacht vermissen lassen. Ich bin so maßlos enttäuscht.“ sw
*Name geändert
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