Prozess wegen Lärm-Belästigung – der Kläger ist schwerhörig!

Ein Verfahren jenseits aller Vernunft: Anwohner Volker L. aus Möning erstattete fast 500 Anzeigen gegen den benachbarten Fußball-Club. Der organisierte Sammel-Taxis zum Gerichts-Termin
NÜRNBERG/FREYSTADT Dieses Verfahren sprengt alle Grenzen der Vernunft! Im Streit zwischen dem Sportverein FCMöning (Kreis Neumarkt) und einem direkten Anwohner geht es nur noch ums gegenseitige Heimzahlen mit allen Mitteln. Das bizarrste Element im gerichtlich ausgetragenen Clinch: Volker L. (63), der hunderte Anzeigen wegen Lärmbelästigung erstattete, ist schwerhörig!
Wo das Problem zu suchen ist, kann man den Worten von Richterin Brigitte Schmechtig-Wolf entnehmen. Die Vorsitzende der 4. Zivilkammer des Landgerichts Nürnberg hielt es für notwendig, die Zuhörer darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um einen Hexenprozess handle. Anlass für ihre Bemerkung war der Umstand, dass der Vorsitzende des Fußballvereins für den Gerichtstermin am Donnerstag „Sammeltaxis“ organisiert hatte. Der Sitzungssaal 155 platzte deshalb aus allen Nähten. Selbst zusätzliche, eilig herbeigeschaffte Bestuhlung war dem Andrang nicht gewachsen.
Volker L., der sich vor der Verhandlung ein Hörgerät ins linke Ohr schob, saß auf einer Bank um die Ecke und erschien als Letzter im Gerichtssaal. Trotz Hörhilfe machte ihm die Akustik auch weiterhin zu schaffen. Ein paarmal musste die Vorsitzende Richterin ihre Frage wiederholen, damit Volker L. folgen konnte.
Wenn Bälle gegen Banden klatschen...
An den grundsätzlichen Positionen der streitenden Parteien änderte auch der gestrige Gerichtstermin nichts. Volker L., der Kläger, fühlt sich im Recht. Josef Bauer, der Vorsitzende des Sportvereins, fühlt sich im Recht. Und genauso ergeht es Bürgermeister Willibald Geiller (CSU), der ebenfalls verklagt wurde, weil die Stadt Freystadt die Eigentümerin des Sportgeländes ist.
Knapp 500 Anzeigen wegen Lärmbelästigung durch den Spielbetrieb und die gesellschaftlichen Aktivitäten des benachbarten Sportvereins hat Volker L. im Lauf der letzten Jahre erstattet. Er stört sich trotz eingeschränkter Hörfähigkeit an allem: Wenn der Ball gegen die Bande klatscht, wenn die Spieler ihre Schuhe zum Säubern aneinander schlagen, wenn der Rasen gemäht wird, wenn Feiern im Vereinslokal stattfinden und und und...
FC-Vorstand Josef Bauer versichert, dass der Verein alles unternommen habe, um den Streit zu beenden. Tatsache ist, dass er ins Unermessliche eskaliert – und die Fronten immer mehr erstarren. Einige wenige Möninger räumen hinter vorgehaltener Hand immerhin ein, dass die Dorfbewohner auch nicht ganz unschuldig an der hochexplosiven Stimmung sind. Oft habe man Volker L. zusätzlich provoziert. Der spricht gar von Morddrohungen. Wegziehen will er trotzdem nicht.
Gestern erklärte ein Lärmgutachter, dass der Geräuschpegel im Umfeld des Fußballfeldes insgesamt erträglich sei. Das ist nicht gut für Volker L., der den FC Möning zum Schweigen bringen will.
Der Prozess geht weiter.
Helmut Reister