Prozess um Ursula Herrmann: Indiziensuche auf dem Flohmarkt

Im Prozess um den Mord an Ursula Herrmann dreht es sich um eine Frage: Kann der Angeklagte das wichtigste Beweisstück, ein Tonbandgerät, auf einem Flohmarkt gekauft haben? Vor Gericht sieht es nicht danach aus.
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Das wichtigste Beweisstück im Fall Ursula Herrmann: Das Tonbandgerät
az Das wichtigste Beweisstück im Fall Ursula Herrmann: Das Tonbandgerät

AUGSBURG - Im Prozess um den Mord an Ursula Herrmann dreht es sich um eine Frage: Kann der Angeklagte das wichtigste Beweisstück, ein Tonbandgerät, auf einem Flohmarkt gekauft haben? Vor Gericht sieht es nicht danach aus.

Ursula-Herrmann-Prozess in Augsburg – Technikfans und Trödler sollen Licht ins Dunkel bringen. Kann der Angeklagte Werner M. im Oktober 2007 das Tonbandgerät Grundig TK 248 auf einem Flohmarkt in Norddeutschland gekauft haben – oder besaß er es schon vorher und spielte damit womöglich 1981 die Erpresseranrufe ab, die Ursula Herrmanns Eltern am Telefon hörten?

Um diese Frage dreht sich nun der Prozess gegen Werner M. vor dem Augsburger Landgericht. Werner M. (59) wird beschuldigt, die 10-jährige Ursula Herrmann 1981 in Eching am Ammersee entführt und in einer Kiste lebendig begraben zu haben. Das Kind erstickte.

Vor Gericht begrüßt Werner M. sein Frau Gabriele (63) mit einem Kuss, sie ist der Beihilfe angeklagt. Zentraler Zeuge an diesem Verhandlungstag: Gerhard N., 53-jähriger Betreiber des Flohmarktes in Beverungen im Weserbergland – dort will der Angeklagte das Tonband, das bei ihm gefunden worden ist, erst am 14. Oktober 2007 gekauft haben. Doch an so ein Gerät kann sich der Flohmarkt-Chef nicht erinnern – er bezeichnet sich selbst als „Tonbandfan“, auf Märkten schaue er stets nach Geräten und Bändern. Zudem fand der Markt außerplanmäßig statt: Deshalb könne er sich gut erinnern.

Gerhard N. bringt einige Aussagen des Angeklagten ins Wanken: Vor Gericht sieht der Trödel-Experte ein baugleiches Gerät und sagt: „Das habe ich dort nicht gesehen.“ Auch ein Karton mit Tonbändern ist dabei, das Gerät soll damit verkauft worden sein. Gerhard N.: „So ist das damals nicht angeboten worden.“

Auch der Preis erscheint fragwürdig: Der Angeklagte will das Gerät von 50 auf 20 Euro herunter gehandelt haben. Sammler Gerhard N. bezweifelt diese Version: „Meistens wird sowas mit Liebe verkauft. Wenn man sich eine halbe Stunde unterhalten hat, wird da nicht mehr verhandelt.“ Der Angeklagte hatte angegeben, das Gerät bei einem Händler mit Stromanschluss getestet zu haben. Das Gericht versucht zu klären, bei wem das gewesen sein könnte. Die Rede ist von Händlern wie Matze, Mausi und Mumie, am Flohmarkt sind alle per Du.

Zeuge Rainer B. verkauft Würstl und Trödel, er kassiert auch die Standgelder. Er und seine Enkelin Jasmin geben an, dass nur Helmut H. ein Stromaggregat hat. Doch der, so sagen beide: „Lässt keinen anderen ran.“ Helmut H. hingegen sagt auf die Frage des Vorsitzenden Richters Wolfgang Rothermel, ob an besagtem Tag jemand an seinem Stromaggregat ein Gerät getestet hat: „Ich weiß es nicht.“ Denn auch sein Standnachbar Willi K. könne den Stromanschluss nutzen. Hat der Angeklagte etwa bei Willi K. das Gerät gekauft? Diese Frage bleibt unbeantwortet, Willi K. ist an diesem Verhandlungstag nicht als Zeuge geladen. Katharina Rieger

Katharina Rieger

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