Prozess gegen Horror-Mutter

NÜRNBERG Mörder, Totschläger, Schwerverbrecher – im Schwurgerichtssaal 600 macht die Justiz in Nürnberg den gefährlichsten Gesetzesbrechern den Prozess. Ab Montag muss sich Horror-Mutter Angela R. (27) aus Thalmässing dort wegen Mordes verantworten – in einem außergewöhnlichen Verfahren! Sie soll schuld sein am Hungertod ihrer dreijährigen Tochter Sarah (AZ berichtete). Weil sie krebskrank ist, darf immer nur zwei Stunden pro Verhandlung getagt werden.
16 Tage sind in diesem Prozess angesetzt, voraussichtlich wird er sich deshalb bis Mitte Juni ziehen – denn gegen Angela R. darf an nicht mehr als drei Tagen in der Woche und nicht länger als zwei Stunden täglich verhandelt werden – so die Anordnung des Arztes.
Bis vor wenigen Wochen lebte sie im Hospiz
Die 27-Jährige leidet an Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Dass sie überhaupt vor Gericht sitzen wird, grenzt an ein Wunder. Bis vor wenigen Wochen lebte sie in einem Hospiz. Die Heilungschancen standen sehr schlecht – die Ärzte rechneten mit dem Schlimmsten.
Seit wenigen Wochen aber sitzt die Hausfrau wieder in Haft und ist zudem von einem Gutachter für verhandlungsfähig erklärt worden. Der leitende Medizinaldirektor des Landgerichts hatte bei einer Routineuntersuchung festgestellt, dass sich Angela R.s Zustand stabilisiert hatte, ja, dass sie sogar wieder alleine in die Stadt gehen konnte. Nichtsdestotrotz ist Angela R. immer noch schwer krank. „Auch während der Verhandlung wird sie daher unter ständiger ärztlicher Aufsicht und Betreuung stehen“, so Justizpressesprecher Thomas Koch.
Sarah magerte bis aufs Skelett ab
Festgestellt wurde Angela R.s Erkrankung vor rund zwei Jahren. Da soll sie auch die Versorgung ihrer Tochter komplett eingestellt haben. Sarah bekam nichts mehr zu essen, wurde nicht mehr gewickelt, gewaschen, nicht mehr aus ihrem Gitterbett geholt. Die Dreijährige magerte bis aufs Skelett ab – und starb schließlich an Kreislaufversagen.
Zu diesem Ergebnis kam Richter Richard Caspar, Vorsitzender der Schwurgerichtskammer, bereits im Prozess gegen Sarahs Vater Patrick R. im Herbst letzten Jahres. Den 31-jährigen LKW-Fahrer verurteilte die Kammer wegen Mordes zu 13 Jahren Haft, deutete aber bereits an, dass sie in Angela R. die Hauptverantwortliche für Sarahs Tod sehen. Als Hausfrau war sie demnach die ganze Zeit zuhause. Im Gegensatz zu Patrick R. soll sie daher auch die Qualen der Tochter bis zum Schluss hautnah miterlebt – aber ignoriert haben.