Problembären nahe beliebtem Urlaubsgebiet: Das müssen Reisende jetzt wissen
Trentino/Südtirol - Andrea Papi wollte nur laufen gehen. Doch er kam nie zurück, wurde von der Bärin Gaia getötet. Der Fall, der sich im vorigen Frühjahr im Val di Sole ereignet hatte, lässt viele Menschen im Trentino fassungslos zurück. Dort wurden Ende der 1990er Jahre Bären ausgewildert. Heute rechnen Experten mit rund 100 Exemplaren.
Großteil im Trentino hält Bärenansiedlung für negativ
Die Bärenfrage spaltet die Menschen im Trentino: Bedrohen sie Menschen, Tourismus und Landwirtschaft oder haben sie ein Lebensrecht in einer Region, in der der Mensch ohnehin schon zu stark eingegriffen hat?
Laut einer Umfrage aus dem Juli sehen 34 Prozent der Bevölkerung im Trentino das Wiederansiedlungsprojekt negativ. 30 Prozent geben sogar "sehr negativ" an. 2011 wurde das Projekt noch viel positiver eingeschätzt. 61 Prozent halten die Bären für eine Bedrohung der Attraktivität des Trentino.
Wenige Fragen nach Bären in Südtirol
In Südtirol, das direkt ans Trentino grenzt, blickt man deshalb mit Argusaugen auf die Bären im Nachbargebiet. Schließlich kennen sie keine Grenzen. Noch sind die Bären für Touristen offenbar kein Thema.
Es gebe nur vereinzelt Nachfragen bei den Betrieben, gerade als Resultat von Berichten der deutschen Medien über Vorfälle, teilt eine Sprecherin von Südtirol Tourismus mit.
"Kein Anlass zur Sorge"
Bislang habe es keinen Vorfall gegeben, bei dem die Sicherheit von Menschen gefährdet gewesen wäre. Tatsächlich gab es im August insgesamt nur fünf Bärensichtungen in Südtirol, im Juli ebenso, zeigt das Südtiroler Bärenmonitoring der Provinzverwaltung.
"Es gibt keinen Anlass zur Sorge für Besucher", sagt die Sprecherin. In der Regel seien Bären scheu und hielten sich von Menschen fern.
Brunos Schwester sollte getötet werden
Die Bärin Gaia war tatsächlich schon früher auffällig gewesen, hätte "entnommen", sprich abgeschossen werden sollen. Eine "Problembärin", ebenso wie ihr Bruder Bruno, der 2007 für Schlagzeilen in Bayern gesorgt hatte.
Tierschützer hatten geklagt und die Entnahme verhindert. Heute lebt Gaia in einem Gehege im Trentino und soll im Herbst in einen Wildtierpark im Schwarzwald kommen.
Eine Bärin hat in Südtirol überwintert
Bei den Landwirten in Südtirol hält sich der Ärger mit den Bären noch in Grenzen, sagt Siegfried Rinner, Direktor des Südtiroler Bauernbundes, der AZ. "Das große Problem ist derzeit der Wolf", sagt der Vertreter der Landwirte. Noch scheine es so, als ob das Adamello-Brenta-Gebiet im Trentino noch aufnahmefähig für Bären sei und bloß männliche Jungtiere durch Südtirol ziehen. Aber die Südtiroler Bauern verfolgen die Lage im Trentino sehr genau und ob Bären in Südtirol ansässig werden. Im Jahresbericht 2023 ist von einer bestätigten Überwinterung eines Bären in der Provinz Südtirol die Rede.
"Wenn wir nichts tun, ist die Wahrscheinlichkeit schon gegeben, dass sie sich bei uns ansiedeln", sagt Rinner. Er plädiert dafür, dass Problembären, die nachweislich auch für einen Großteil der Risse an Nutztieren verantwortlich seien, entnommen werden dürfen. Nur darf in Italien gegen solche Entscheidungen geklagt werden, oft mit Erfolg. Für die Bauern sei das sehr schwer zu akzeptieren.
Almbauern in Sorge
"Noch halten unsere Almbauern durch", sagt Rinner. "Aber es geht an das Gemüt und vor allem verlieren sie den Glauben an Politik und Verwaltung." Denn auf der Alm können Tiere nicht so gut vor Bär und Wolf geschützt werden. Zäune und Herdenschutzhunde halten auch in Bayern viele Almbauern für nicht praktikabel.
Wer ist wichtiger? Mensch oder Tier?
Angesichts des Todes von Andrea Papi fragt Rinner: "Hat das Tier einen höheren Stellenwert als der Mensch? Diese Frage muss man derzeit mit ja beantworten." Es gehe schon lange nicht mehr um Artenschutz, denn wenige Entnahmen von Problembären bedrohen nicht eine ganze Population, findet Rinner.
Was Rinner ebenso wie viele Landwirte aus Deutschland bei der Problematik mit Bären und Wölfen nicht versteht: Die Artenschutzrichtlinie der EU werde von anderen Ländern anders ausgelegt. Rinner legt der AZ Zahlen vor, wie viele Bären in Schweden (650), Slowenien (230) und Rumänien (500) jedes Jahr getötet werden, um die Populationen zu begrenzen.
Die AZ hat die Südtiroler Autonomieverwaltung wegen Fragen zum Thema Bär angeschrieben. Trotz mehrerer schriftlicher und telefonischer Nachfragen hat die AZ keine Antwort erhalten. Man könne nicht sagen, wann mit einer Antwort zu rechnen sei.
- Themen: