Interview

Prinz Ludwig marschiert für sein Afrika-Projekt durch Bayern: "Ich habe mir die 100 Kilometer vorgenommen"

Der Ururenkel des letzten bayerischen Königs marschiert für sein Afrika-Herzensprojekt durch den Freistaat. Ob seine Verlobte dabei sein wird, wie gut er vorbereitet ist und wie die IT-Schule in Kenia läuft.
von  Rosemarie Vielreicher
Prinz Ludwig von Bayern
Prinz Ludwig von Bayern © Karl-Josef Hildenbrand/dpa

AZ-Interview mit Prinz Ludwig von Bayern: Der 40-Jährige ist der Ururenkel des letzten bayerischen Königs Ludwig III. und hat in der abgelegenen Region Turkana in Kenia eine IT-Schule aufgebaut. Das Projekt heißt "Learning Lions" und soll jungen Erwachsenen vor Ort ermöglichen, IT-Dienstleistungen weltweit anzubieten und dennoch ihre Heimat nicht verlassen zu müssen.

AZ: Prinz Ludwig von Bayern, Sie haben sich kürzlich verlobt – herzlichen Glückwunsch! Wird denn Ihre Verlobte Sophie-Alexandra Evekink beim diesjährigen Löwenmarsch auch dabei sein?
PRINZ LUDWIG VON BAYERN: Danke! Sie wird nicht die ganzen 100 Kilometer mitlaufen, aber sie wird dabei sein und auch bei der Organisation mithelfen.

Prinz Ludwig von Bayern wird bald Sophie-Alexandra Evekink heiraten

Darf man sie einfach ansprechen oder mag sie diese Aufmerksamkeit nicht so gerne?
Der Löwenmarsch ist dazu da, dass man miteinander ins Gespräch kommt. Natürlich darf man auch sie ansprechen. Jeder redet mit jedem.

Gibt es mittlerweile schon einen Hochzeitstermin?
Nein, der ist noch nicht fix.

Und einen Ort, Kenia vielleicht?
Kenia wird es wohl nicht werden, aber dazu wird es dann zu gegebener Zeit noch Informationen geben.

Prinz Ludwig von Bayern mit seiner Liebsten Sophie-Alexandra Evekink in Kenia, der Campus im Hintergrund. Evekink stammt aus einer niederländisch-kanadischen Familie und wurde 1989 in Singapur geboren. Sie studierte in England Politik- und Kriminalwissenschaften und arbeitete unter anderem bei den Vereinten Nationen in New York. Aktuell ist sie Doktorandin und Dozentin an der Universität Oxford.
Prinz Ludwig von Bayern mit seiner Liebsten Sophie-Alexandra Evekink in Kenia, der Campus im Hintergrund. Evekink stammt aus einer niederländisch-kanadischen Familie und wurde 1989 in Singapur geboren. Sie studierte in England Politik- und Kriminalwissenschaften und arbeitete unter anderem bei den Vereinten Nationen in New York. Aktuell ist sie Doktorandin und Dozentin an der Universität Oxford. © privat

Ort und Zeit für den Löwenmarsch 2022 stehen hingegen fest: Die Spendenwanderung führt Sie an diesem Wochenende 100 Kilometer durch Bayern, los geht es in Schloss Kaltenberg. Wie viele Teilnehmer werden sich Ihnen anschließen?
Rund 750 sind angemeldet, man rechnet in der Regel mit einem kurzfristigen Ausfall von zehn Prozent. Im vergangenen Jahr zum Beispiel gab es einen Bahnstreik, was einigen die Anreise durchkreuzt hat.

"Hoffe, dass mich mein Muskelgedächtnis durch den Marsch bringt"

Sie haben die Startnummer 7 und wollen wieder die gesamte Strecke schaffen, richtig?
Ich habe mir die 100 Kilometer vorgenommen und werde das wahrscheinlich nach der Hälfte bereuen, aber wenn man dann ans Ziel kommt, freut man sich.

Haben Sie sich vorbereitet?
Unzureichend. Ich hoffe, dass sich alle anderen besser vorbereitet haben. Eigentlich sollte man die 100 Kilometer in den Monaten vorher in kleineren Märschen probieren. Ich hatte dieses Jahr leider keine Zeit und muss darauf hoffen, dass mich mein Muskelgedächtnis aus den Vorjahren durch den Marsch bringt.

Was werden Sie auf jeden Fall mitnehmen?
Mein Geheimtipp: sieben Paar Socken! Wenn ich alle zehn bis 20 Kilometer die Socken wechsle, dann bekomme ich keine Blasen.

Auf die jeweiligen Startnummern kann man spenden, welche Summe würden Sie persönlich gern schaffen?
Ich bin dieses Jahr bei meinen Spenden eher vorsichtig, weil ich schon zu meinem Geburtstag vor einigen Monaten statt Geschenken um Spenden gebeten hatte. Mein gesamter Freundeskreis hat dieses Jahr also schon mal großzügig gespendet.

Zwei Mal war Prinz Ludwig von Bayern heuer schon in Kenia

Unterstützt wird mit dem Geld Ihre IT-Schule in einer sehr abgeschiedenen Region Kenias, bei dem Projekt "Learning Lions" sollen junge Menschen in digitalen Dienstleistungen ausgebildet werden, um so ihren Lebensunterhalt verdienen zu können. Wie oft waren Sie in diesem Jahr vor Ort?
Zwei Mal. Früher war ich länger dort, aber als Entwicklungshelfer muss man daran denken, sich entbehrlich zu machen - auch wenn einem das manchmal gar nicht so leicht fällt. Aber es ist wichtig, die Verantwortung an die Menschen vor Ort zu übergeben, damit das Projekt irgendwann selbsttragend sein wird. Irgendwann soll es so sein, dass ich nur noch als freudiger Besucher vorbeikomme. Das wird noch ein paar Jahre dauern und wir werden auch noch weiter Spenden brauchen, denn es soll nicht nur bei diesem einen Campus bleiben.

Was hat sich im vergangenen Jahr getan?
Wir haben fleißig weitergebaut und sind nun nach dem Hauptgebäude dabei, die dazugehörigen Wohneinheiten zu schaffen.

Wer soll dort wohnen?
Wir haben nicht nur Lehrer und Schüler, sondern auch Absolventen, die dort im Rahmen eines Co-Working-Space ihre Karriere weiterführen. Zu den rund 100 Schülern sollen künftig bis zu 400 Menschen dort arbeiten und wohnen und bestenfalls selbstständig ihre digitalen Dienstleistungen auf der ganzen Welt anbieten. Seien es Internetseiten oder Grafik-Produkte beispielsweise.

Wer finanziert die Ausbildungspläne?

Die Ausbildung ist bisher nahezu komplett kostenlos. Wie genau ist der Plan für die künftige Finanzierung?
Der Traum für die Zukunft ist, dass die Menschen, die dort schon arbeiten, eine kleine Miete für ihre Wohnung und ihren Schreibtisch zahlen und dies die Ausbildung der zukünftigen Schüler deckt.

Wie wirken sich der Ukraine-Krieg und die Folgen auf Kenia aus? Könnten Lebensmittelspenden notwendig werden?
Die Preise für die Grundnahrungsmittel haben sich teils verdoppelt, hinzu kommen Dürren - es ist aktuell schon ein sehr hartes Jahr. Wir sind in Sachen Nahrungsmittelhilfe auch über den Hilfsverein Nymphenburg aktiv. Bei "Learning Lions" ist das Ziel, dass wir die Menschen dazu ausbilden, sich selbst zu versorgen - selbst dann, wenn die Kosten nach oben gehen.

Beherrschen Sie die IT-Lerninhalte eigentlich auch selbst, die den Schülern in Ihrem Projekt beigebracht werden?
Manches schon, viele Sachen auch nicht, denn diese Welt verändert sich momentan unglaublich schnell, es gibt täglich neue Apps. Wir müssen konstant immer neu weiterentwickeln: Was sind gerade die besten Tools, die wir den jungen Menschen an die Hand geben können, um ihr Leben möglichst schnell positiv zu verändern und Geld zu verdienen?

Smartphone anstatt Computer

Wie ändert sich die Ausbildung zum Beispiel?
Wir haben festgestellt, dass für diejenigen, die nicht bei uns weiterarbeiten, ein großes Problem der Zugang zu Computern war. Wir stellen deswegen die Grundausbildung momentan immer mehr auf Smartphones um, denn vieles lässt sich mittlerweile auch darüber machen.

Wie viele würden gern bei Ihnen am Campus anfangen?
Wenn wir die Tür für jeden öffnen würden, wären wir heillos überfüllt. Wir wählen mit verschiedenen Online-Verfahren und Tests aus und schauen auch bewusst, dass wir Menschen mit schwierigen Hintergründen eine Chance geben. Wir haben viele aus unterschiedlichen Ländern mit schlimmsten traumatischen Erfahrungen aus kenianischen Flüchtlingscamps aufgenommen. Wir haben mit ihnen gute Erfahrungen gemacht und zum Beispiel zwei Kongolesen schon mit ins Management-Team aufgenommen.

Wie entwickelt sich die Spendenbereitschaft für Afrika seit dem Ukraine-Krieg - gerät der Kontinent aus dem Fokus?
Wir haben mit dem Hilfsverein Nymphenburg auch eine Ukraine-Aktion und haben großzügige Spenden von Menschen aus Bayern bekommen. Ich habe den Eindruck, dass es zusätzliche Spenden sind, und wer Afrika schon vorher unterstützt hat, tut es auch weiterhin. Ich glaube, die Spendenbereitschaft in Deutschland hat sich durch die Ukraine-Krise gestärkt - nicht nur in Sachen Geld, sondern auch in Form von Taten.

Eine Möglichkeit, sich zu engagieren, ist jetzt Ihr Löwenmarsch. Worüber würden Sie gern mit den Mit-Wanderern ins Gespräch kommen?
Ich bin persönlich gar nicht so gern der, der viel erzählt, sondern eher der, der fragt.

Prinz Ludwig von Bayern hofft auf diese Gesprächsthemen

Also anders: Welche Fragen würden Sie gern stellen?
Das kommt auf das Gegenüber an. Aber gerade jetzt im Ukraine-Konflikt hat jeder eine eigene Geschichte in diesem Zusammenhang zu erzählen, ob er jemanden aufgenommen oder Nahrungsmittel gesammelt hat und Ähnliches.

So mancher würde wahrscheinlich auch gern etwas über Ihre Verlobung in Berchtesgaden wissen. Darf man fragen?
In privaten Gesprächen bin ich da nicht so zugeknöpft, wie ich es der Presse gegenüber sein muss.

Sie hatten in diesem Jahr Ihren 40. Geburtstag - wie feiert man so einen Anlass als Prinz?
Weil er auch in Zeiten der Krisen fiel, wurde es anstelle einer klassischen Geburtstagsfeier ein Themenabend zu den Afrika-Projekten, um so auch auf "Learning Lions" aufmerksam zu machen.

Was haben Sie sich vorgenommen fürs neue Lebensjahrzehnt?
(lacht und überlegt) Dinge, die man angefangen hat, sollte man weitermachen und nicht den Mut verlieren, gleichzeitig offen für Neues sein. Bei mir wird sich ändern, dass ich deutlich mehr meiner Zeit als in den vergangenen zehn Jahren Bayern widmen kann - ohne meine Arbeit in Afrika aufzugeben.

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.