Prinz Albert mit dem langen Messer

Jack the Ripper ist das Hobby des Nürnbergers Thomas Schachner. 2006 veröffentlichte der Geschäftsführer einer Medienagentur gar ein 278-seitiges „Standardwerk der Ripperologie“.
von  Abendzeitung

NÜRNBERG - Jack the Ripper ist das Hobby des Nürnbergers Thomas Schachner. 2006 veröffentlichte der Geschäftsführer einer Medienagentur gar ein 278-seitiges „Standardwerk der Ripperologie“.

Thomas Schachners Hobby sind Serienmorde. Seit über 20 Jahren beschäftigt sich der gebürtige Oberfranke mit „Jack the Ripper“, einem der bekanntesten Kriminalfälle der Welt. „Ich war von Anfang an fasziniert“, sagt Schachner. Der 34-Jährige ist heute einer der großen Experten auf dem Gebiet des viktorianischen Serientäters, dessen bis heute ungeklärte Mordserie im Londoner East End sich am 31. August zum 120. Mal jährt.

Rund 500 Sachbücher aus der Zeit um 1888 bis zur Gegenwart hat Schachner zu dem Thema zusammengetragen. Darunter wertvolle Einzelexemplare, die er in einem klimatisierten Schrank aufbewahrt. Zudem flog er Dutzende Male nach London, stöberte in Archiven, unterhielt sich mit englischen „Ripper“-Experten und forschte in zeitgenössischen deutschen Zeitungen nach „Ripper“-Berichten. Seine Forschungsergebnisse präsentiert Schachner zuerst im Internet.

Seit 2001 betreibt der Geschäftsführer einer Nürnberger Medienagentur die mit fast 1,5 Millionen Besuchern größte deutschsprachige „Jack the Ripper“-Homepage. 2006 veröffentlichte er dann gemeinsam mit Hendrik Püstow unter dem Titel „Jack the Ripper – Anatomie einer Legende“ ein 278-seitiges „Standardwerk der Ripperologie“. Zum Jahrestag ist nun die zweite erweiterte Auflage des Buchs erschienen, die zusätzliche Verdächtige präsentiert.

Um die unheimlichen Bluttaten ranken sich teilweise bizarre Verschwörungstheorien. Selbst über eine Verwicklung des englischen Königshauses in die Morde wird spekuliert. Der damalige Thronfolger Prinz Albert Victor solle die Morde begangen haben, um ein uneheliches Kind zu vertuschen, heißt es. Obwohl dies unter „Ripper“-Experten als „komplett absurd“ gelte, tauche diese Theorie immer wieder in Filmen auf, wie zuletzt 2001 in der amerikanischen Produktion „From Hell“. „Weil es die medienkompatibelste Variante ist“, sagt Schachner.

Auch der Britische Schriftsteller Lewis Carroll, der Verfasser von „Alice im Wunderland“, wird von manchen als „Jack the Ripper“ gehandelt.

Dass der Täter jemals ermittelt werden kann, bezweifelt Schachner: „Ich denke, dass es ein völlig unbekannter Typ mit massiven mentalen Problemen war, der bis dato noch gar nicht bei den bis heute bekannten Verdächtigen auftaucht.“ Allerdings mache gerade auch diese ungeklärte Identität die Faszination von „Jack the Ripper“ aus: „Er ist zu einem popkulturellen Phänomen geworden.“

So gibt es allein drei „Jack the Ripper“-Musicals, unzählige Songs, Hörspiele, Filme und Merchandising sogar in Form von „Jack the Ripper“-Kondomen. Ihr Slogan: „Man weiß nie, wer als nächstes um die Ecke kommt“.

In den USA und Großbritannien sei der Serienmörder „eine unheimliche Geldmaschinerie“. Anders in Deutschland – Schachner betreibt seine Homepage ehrenamtlich. Trotz dieser Faszination dürfe man nicht vergessen, dass es sich bei „Jack the Ripper“ um einen Serienmörder handle, betont Schachner. Er hat die originalen Glasplattenabzüge der Tatort-Fotoaufnahmen in London im Archiv gesehen: „Das setzt einem schon zu.“ Und obwohl er sich auch in Zukunft mit dem Thema beschäftigen will, kann er mal eine Pause einlegen: „Es gibt auch andere Dinge im Leben.“ Seine Freundin zum Beispiel, die sich für Morde nicht interessiert. Frank Gundermann

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