Polizist wegen Strafvereitelung vor Gericht – Urteil möglich

Ein Polizist ermittelt nicht gegen einen Mann, der seine Freundin angegriffen haben soll. Der Verdächtige tötet Monate später in Aschaffenburg zwei Menschen. Nun urteilt ein Gericht über den Beamten.
von  dpa
Der Angeklagte äußert sich vor Gericht zunächst nicht selbst. (Archivbild)
Der Angeklagte äußert sich vor Gericht zunächst nicht selbst. (Archivbild) © Andreas Arnold/dpa

Vor dem Amtsgericht Alzenau wird am Dienstag ein Prozess gegen einen Polizisten fortgesetzt, der wegen des Vorwurfs der Strafvereitelung im Amt vor Gericht steht. Der 29-Jährige soll gegen den mutmaßlichen Messerstecher von Aschaffenburg keine Ermittlungen eingeleitet haben, als dieser Monate vor der Bluttat mit zwei Toten bereits seine Freundin in Alzenau (Landkreis Aschaffenburg) angegriffen haben soll. Das Urteil könnte noch am Dienstag gesprochen werden.

Kein Gespräch mit mutmaßlichem Opfer

Beim Prozessauftakt am Montag hatte sich der Polizist nicht persönlich zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft geäußert, sich nicht um die Strafverfolgung des Mannes gekümmert zu haben. Der 29-Jährige ließ über seinen Verteidiger lediglich erklären, er habe nach der mutmaßlichen Attacke des psychisch auffälligen Flüchtlings (28) auf die Frau in Alzenau den Verdächtigen in Gewahrsam genommen. Mit dem mutmaßlichen Opfer, einer 45 Jahre alten Ukrainerin, habe sein Mandant keinen Kontakt gehabt, sagte der Anwalt des Beamten.

Der beschuldigte Afghane ist laut einem Gutachter an paranoider Schizophrenie erkrankt und war bei der Tat in Aschaffenburg womöglich schuldunfähig. 

Ob die Gewalttat am 22. Januar in Aschaffenburg hätte verhindert werden können, wenn es nach der Tat in Alzenau schon zu Ermittlungen gekommen wäre, ist spekulativ - und zeitlich angesichts von fünf Monaten zwischen den beiden Attacken eher unwahrscheinlich.

Anzeige nach Vorfall in Alzenau

Der Vorfall in Alzenau im August 2024 war erst nach der Bluttat in Aschaffenburg im Januar öffentlich bekanntgeworden. Nach einer Anzeige wurde die Staatsanwaltschaft Coburg damit betraut, aufzuklären, warum die Polizei nach dem Angriff in Alzenau nicht ermittelt hatte. Die Behörde kam schließlich zu dem Schluss, dass der nun vor Gericht stehende Beamte in dem Fall hätte ermitteln müssen. 

Strafvereitelung im Amt wird mit einer Haftstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren oder in minderschweren Fällen mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.

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