Pestizid-Cocktail entdeckt: So vergiftet sind Bayerns Flüsse

Pflanzengifte, Düngemittel und Substanzen, die seit Jahrzehnten verboten sind – all das hat der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) München in Gewässern im Umkreis der Landeshauptstadt gefunden. Die Messungen waren 2023 und 2024 in kleinen Flüssen durchgeführt worden.
Es sei ein kaum erforschter Missstand, heißt es vom LBV: Während Starkregenereignissen würden aus Wiesen und Feldern deutlich mehr Herbizide, Fungizide, Insektizide sowie Düngemittel in die angrenzenden Oberflächengewässer gespült als bei durchschnittlicher Witterung. „Der Belastungszustand ist bei Starkregen eklatant höher und gesetzliche Grenzwerte werden teilweise um ein Vielfaches überschritten“, sagt Raphaela Karl, Leiterin des Projekts.

Ergebnisse haben Erwartungen übertroffen
„Viele der von uns nachgewiesenen Substanzen wirken sich in dieser Menge verheerend auf die Wasserqualität und Artenvielfalt aus. Und: Sie können schädlich für die menschliche Gesundheit werden.“ Problematisch ist das insbesondere, weil diese Starkregenereignisse im Zuge des Klimawandels immer häufiger stattfinden.
Die Ergebnisse hätten alle Erwartungen übertroffen, heißt es vom LBV – im negativen Sinne. Bei Starkregenereignissen konnten bis zu viermal mehr chemische Substanzen nachgewiesen werden als bei durchschnittlichen Witterungsbedingungen: insgesamt 63 verschiedene Wirk- und Abbaustoffe aus dem Pflanzenschutz und der Schädlingsbekämpfung, darunter 16, die in diesem Kontext teilweise seit fast 40 Jahren verboten sind.

Der LBV fand unter anderem Carbaryl, welches seit 1986 in Deutschland verboten ist, Atrazin, das als potenziell krebserregend gilt oder das Neonicotinoid Acetamiprid - welches das Nervensystem vieler Insektenarten lähmt oder tötet und auf Bestäuber wie Wildbienen übertragen werden kann.
Auch für Menschen schädlich
„Entlang strukturreicher kleiner Fließgewässer leben viele, teilweise besonders geschützte Tierarten“, sagt Karl. Ein durch Starkregen verursachter Anstieg von Nährstoffen und chemischen Substanzen bedrohe sie in ihrer Existenz.
Aber nicht nur für Flora und Fauna seien die nachgewiesenen Stoffe schädlich, sondern auch für Menschen. Verschiedene Pestizide gelten als potenziell krebserregend.
„Woher die Substanzen stammen, lässt sich nicht eindeutig nachweisen“, sagt Raphaela Karl. Da die untersuchten Kleingewässer entlang bewirtschafteter Flächen liegen, seien Einträge aus dem konventionellen Landbau am wahrscheinlichsten. „Aber auch Pestizide aus dem Einsatz in Privatgärten oder aus Bioziden, die beispielsweise für den Zeckenschutz von Haustieren verwendet werden, kommen als zusätzliche Ursachen in Frage.“