Penis-Skandal: Ist diese Kunst zu freizügig für eine Kirche?

Die Ausstellung im Erlanger Herz-Jesu-Gotteshaus erregt die Gemüter von vielen Gläubigen. In der Sonntagsmesse werden die Bilder aus dem Zyklus „Die Todsünden“ verhüllt. Der Künstler ist entsetzt
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Todsünde Neid: Auch auf diesem Gemälde von Bela Farago sind halbnackte Gestalten zu sehen.
Berny Meyer Todsünde Neid: Auch auf diesem Gemälde von Bela Farago sind halbnackte Gestalten zu sehen.

Die Ausstellung im Erlanger Herz-Jesu-Gotteshaus erregt die Gemüter von vielen Gläubigen. In der Sonntagsmesse werden die Bilder aus dem Zyklus „Die Todsünden“ verhüllt. Der Künstler ist entsetzt

NÜRNBERG/ERLANGEN Ein Bild des Nürnberger Künstlers Bela Farago (53) sorgt bei vielen Gläubigen in Erlangen für Empörung! Das Gemälde mit dem Titel „Wollust“ hängt seit zwei Wochen in der katholischen Herz-Jesu-Kirche. Es zeigt eine Frau mit gespreizten Schenkeln und zwei danebenstehende Männer mit erigiertem Penis. Seitdem schlagen die Wellen hoch: Ist das Kunst – oder Pornographie?

Marianne S. (62) zum Beispiel ist außer sich. Die Dame im Rentenalter macht nicht nur ihrem Unmut unüberhörbar Luft. Sie schritt bereits zur Selbsthilfe, besorgte sich unter einem Vorwand den Schlüssel fürs Gotteshaus – und hängte das etwa zwei Mal drei Meter große Monumental-Gemälde kurzerhand ab.

Pfarrer Wolfgang Döll ist erstaunt über den Wirbel, den das abstrakte Bild ausgelöst hat. Die „Wollust“ gehört zu einem Zyklus von sieben Bildern, die alle biblischen Todsünden zeigen. Der Geistliche wollte mit den Bildern die Gläubigen während der Fastenzeit zum Nachdenken über sich selbst anregen. Und er fragt sich nun: „Wenn man in der Kirche die Sünden nicht mehr zeigen kann, wo denn dann?“

"Keine schädliche Auswirkung auf die psychosexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen"

Seine Standhaftigkeit, die umstrittene Ausstellung wie geplant vier Wochen lang durchzuziehen, beschert ihm heftigste Anfeindungen. Im Gästebuch der Kirche hinterließen Besucher vernichtende Kommentare. Begriffe wie „Pornographie“, „hässlich“ und „ordinär“ finden sich zuhauf.

Spurlos sind die Proteste an den verantwortlichen Gottesdienern nicht vorbeigegangen, auch wenn Pfarrer Döll dem hohen Erregungsgrad einen positiven Aspekt abgewinnt. „So viel wie in letzter Zeit ist bei uns schon lange nicht mehr über Sünde und Moral diskutiert worden“, sagte er zur AZ.

Klaus Koschinsky, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats, hat angekündigt, dass das Kunstwerk während der Sonntagsgottesdienste verhüllt wird. „Damit wollen wir denen Respekt bekunden, die sich in ihren Gefühlen verletzt fühlen“, sagte er. Pfarrer Döll ist jedoch bereits einen Schritt weiter: „Wir werden alle Bilder verhüllen. Wenn ich die Todsünde Wollust nicht zeigen darf, gibt es auch die anderen sechs Todsünden nicht zu sehen.“

Wegen der Ministranten, die während des Gottesdienstes dem anstößigen Bild genau gegenübersitzen müssten, war schon von einer Gefahr für junge Menschen die Rede. Pastoralreferent Martin Förster hat deshalb sogar schon Rat bei Jugendpsychiatern eingeholt – und kann jetzt tief durchatmen: „Das Bild hat keine schädliche Auswirkung auf die psychosexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen.“

Der Künstler Bela Farago hat sich selbst zu der Diskussion nicht geäußert. Aber sein Erlanger Galerist Jan Thorleiv Bunsen, dem das Bild gehört, gibt Faragos Gemütslage wieder: „Er ist erschüttert!“ Bunsen denkt nun darüber nach, mit den „Sieben Todsünden“ eine Wanderausstellung für Kirchengemeinden zu konzipieren.

Helmut Reister

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