Obacht! Internet-Piraten entern Ihren Computer
„Wer seine Netzwerkverbindung nicht sichert, braucht sich nicht über ungebetene Besucher zu wundern", sagt PC-Experte Tom Röthlingshöfer. Allen Warnungen zum Trotz bewies der AZ-Test: Es finden sich immer noch genug leichtsinnige Surfer, die das Risiko eingehen, sei es aus Unwissenheit oder Faulheit.
NÜRNBERG Ende 2006 bekam ein 63-jähriger Nürnberger Besuch von der Kripo: Er habe sich über Monate teure Pornos aus dem Netz auf den heimischen PC geladen – aber ohne zu bezahlen. Der Mann fiel aus allen Wolken, schwor Stein und Bein, die entsprechenden Seiten niemals besucht, geschweige denn sich darüber frivole Filme besorgt zu haben. Des Rätsels Lösung: Der Rentner hatte seine drahtlose Netzwerkverbindung (W-LAN) unverschlüsselt gelassen, ein Nachbar (23) verschaffte sich Zutritt und startete einen Download nach dem anderen.
Ein typischer Fall von Internet-Piraterie und „total fahrlässig“, urteilt der Nürnberger Computer-Spezialist Tom Röthlingshöfer ( www.pc-feuerwehr.de): „Wer seine Netzwerkverbindung nicht sichert, braucht sich nicht über ungebetene Besucher zu wundern." Allen Warnungen zum Trotz bewies der AZ-Test: Es finden sich immer noch genug leichtsinnige Surfer, die das Risiko eingehen, sei es aus Unwissenheit oder Faulheit. Wir durchquerten mit Tom Röthlingshöfer und seinem Laptop samt Netzwerkkarte Teile der Stadt.
Die Zahl der Drahtlos-Nutzer ist sprunghaft angestiegen
Schon in der AZ-Redaktion in der Winklerstraße blinken zehn verfügbare W-LAN-Verbindungen auf: „Die Zahl der Drahtlos-Nutzer ist sprunghaft angestiegen", erklärt Tom, „die nötige Hardware wird von den Anbietern meistens dazugeschenkt, und wer will schon Kabel verlegen?"
Und nicht jeder will sich auch die Mühe machen, sein Funknetzwerk angemessen oder überhaupt zu verschlüsseln: Vor der AZ-Schalterhalle erkennt der Laptop 20 Netzwerke – drei davon sind unverschlüsselt. Ein paar Meter weiter auf dem Hauptmarkt sind es 40 mit fünf unverschlüsselten!
Nicht alle gehören fahrlässigen Nutzern, bei der Hälfte handelt es sich um „Hotspots": Firmen, Hotels und Restaurants ermöglichen Kunden mit Notebooks unkomplizierten Internet-Zugang – aber auch hier droht Gefahr: „Diese Hotspots sind oft nicht verschlüsselt, sondern lediglich passwortgeschützt", klärt Röthlingshöfer auf, „somit kann der komplette Datenverkehr mitgeschnitten werden.“ Er rät dringend davon ab, Vertrauliches wie Online-Banking auf Hotspots zu erledigen.
Ein Netzwerk namens „Studi-WG“ bettelt geradezu um ungebetenen Besuch
Noch erschreckender die Situation in Wohnvierteln, wo es sich bei den offenen Netzwerken fast nie um Hotspots handelt, sondern um „Angebote“ leichtsinniger Privatnutzer: In der Knauerstraße in Gostenhof werden sieben Netzwerke mit zwei ungesicherten erkannt – definitiv keine Hotspots. Jeder Passant mit Laptop und Netzwerkkarte oder -stick könnte sich reinmogeln. Noch mehr Leichtsinnige wohnen in der Espanstraße (Südstadt) – hier leuchten 15 Netzwerke auf dem Notebook-Screen, vier ohne jeden Schutz! In der Nähe des Theresienplatzes bettelt ein Netzwerk namens „Studi-WG“ geradezu um ungebetenen Besuch. „In vielen WGs teilen sich die Bewohner W-LAN. Jeder kann rein, aber leider auch jeder Außenstehende.“ Und nicht jeder Netz-Pirat will „nur“ kostenlos surfen: Röthlingshöfer: „Wenn sich ein Eindringling zum Beispiel Kinderpornos runterlädt, und die Polizei kann die Spur verfolgen, ist erst derjenige im Visier, der das Netzwerk unterhält.“ Harmlose Internet-Nutzer geraten in den Verdacht der Kinderpornografie!
Auch wenn der „Wirt“ nachweisen kann, dass nicht er, sondern der Pirat hinter den Downloads steckt, wird er zur Rechenschaft gezogen: Schließlich hat er sie mit seiner Fahrlässigkeit ermöglicht. Das gilt auch für Wirte von Parasiten, die sich illegal Musik oder Filme besorgen. Die wahren Täter übrigens kommen mit entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen oft unerkannt davon. Steffen Windschall