Nürnbergs Türken: Sie trauern um tote Büsra
NÜRNBERG - Die Gemeinde zeigt sich tief erschüttert über die Bluttat und verurteilt den "Ehrenmord". Derweil laufen die Ermittlungen gegen den Vater weiter.
Sie wurde nur 15 Jahre alt: Büsra Ö. aus Schweinfurt wurde in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch von ihrem eigenen Vater erstochen. Sie wollte „den islamischen Weg nicht mitgehen“, gab Täter Mehmet Ö. in ersten Vernehmungen an. Doch was ist der islamische Weg? Sicher nicht der, den Mehmet Ö. gewählt hat. Da ist sich Cemalettin Özdemir, Leiter der Nürnberger Begegnungsstube Medina e. V., sicher: „Wo steht im Koran ,Töte deine Tochter, wenn Sie nicht so lebt, wie du es dir vorstellst’? Nirgends!“ Schon allein deswegen möchte er das Wort „Ehrenmord“ am liebsten aus dem Sprachgebrauch streichen. „Das hat nichts mit Ehre zu tun. Für mich ist das wenn überhaupt ein ehrenloser Mord“, sagt Özdemir tief erschüttert. „Ein wahres Familiendrama.“
Warum hat der Vater nicht beim Jugendamt vorgesprochen?
Seit 15 Jahren steht Medina e. V. in Nürnberg für den interkulturellen Dialog. „Wir bekommen auch häufig Anrufe von Familien, die sich über etwas streiten. Dann reden wir – und es gibt nichts, was sich nicht durch Gespräche regeln ließe“, ist er überzeugt. „So handhabe ich es mit meinen drei Töchtern auch.“ Talip Iyi, 1. Vorstand der Begegnungsstube, will aber auch die Behörden zum Nachdenken anregen: „Warum hat er zum Beispiel nicht beim Jugendamt vorgesprochen? Viele Türken haben schlicht Angst, dass ihnen die Kinder dann weggenommen werden.“ Özdemir ergänzt: „Deshalb brauchen wir muslimische Sozialpädagogen und Therapeuten – jemanden, der auch den religiösen und kulturellen Hintergrund versteht.“
Momentan werden Zeugen aus dem Umfeld der Tochter befragt.
Der türkischsprachige Krisendienst (Mo., Mi., Fr. und So. von 20-22 Uhr, 0911/ 42485560), den Nürnberg als erste deutsche Großstadt eingeführt hat, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Derweil hat die Polizei ihre Ermittlungen im Fall Büsra Ö. weiter vorangetrieben. Momentan werden Zeugen aus dem Umfeld der Tochter und des Vaters befragt. Kommende Woche wird Mehmet Ö. zudem psychiatrisch untersucht. kes
- Themen:
- Polizei