Nürnbergs höchster Richter: Sein Kleinkrieg mit der Polizei
Die Staatsanwaltschaft ermittelt ausgerechnet gegen Nürnbergs höchsten Richter. Stefan Franke, Präsident des Oberlandesgerichts, soll durch einen Druck auf den Roten Knopf in seinem Dienstzimmer einen sinnlosen Polizeieinsatz ausgelöst haben.
NÜRNBERG Beim Missbrauch von Notruf-Anlagen tun sich meistens Betrunkene oder übermütige Jugendliche hervor. Doch es gibt auch Ausnahmen. Derzeit ermittelt die Staatsanwaltschaft ausgerechnet gegen Nürnbergs höchsten Richter. Stefan Franke (61), Präsident des Oberlandesgerichts (OLG), soll durch einen Druck auf den Roten Knopf in seinem Dienstzimmer einen sinnlosen Polizeieinsatz ausgelöst haben. Jetzt fragen sich viele Bedienstete im Justizpalast: Was ist bloß mit unserem Chef los?
Die „Alarmknopf-Affäre“ ließ sich am 6. März nicht mehr aufhalten. Da erreichte die Staatsanwaltschaft ein Schreiben der Nürnberger Polizei. Sie bat darum, die ihrer Ansicht nach missbräuchliche Verwendung des Notruf-Signals rechtlich zu prüfen. Das tut die Staatsanwaltschaft. „Ja, wir haben ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet“, bestätigte Oberstaatsanwalt Wolfgang Träg. OLG-Präsident Stefan Franke, der sich gegenüber den Medien gestern nicht dazu äußern wollte, hat nun die Möglichkeit zu einer schriftlichen Stellungnahme. Ihm droht nun eine Geldstrafe.
Der Pressesprecher der Justiz, Andreas Quentin, bemühte sich dagegen um Schadensbegrenzung. Der Präsident, erklärte er, habe lediglich die neu installierte Alarmanlage testen wollen. Darüber kann die Polizei gar nicht lachen. An dem fraglichen Tag, dem 30. Januar in der Mittagszeit, rasten nämlich sofort zwei Streifenwagen mit Blaulicht und Martinshorn zum Gerichtsgebäude, weil ein Ernstfall vermutet wurde. Doch das vermeintliche Attentat entpuppte sich rasch als Seifenblase.
Es ist nicht das erste Mal, dass OLG-Präsident Franke bei seinen Mitarbeitern ein irritiertes Kopfschütteln erntete. Kurz nach seinem Amtsantritt im Jahr 2005 hatte er per Dienstanweisung die Haltung von Grünpflanzen auf den Fluren und an den Eingängen des Justizgebäudes verboten. Er befürchtete einen zu großen Aufwand seiner Mitarbeiter beim Gießen – und sah die Gefahr, dass Bomben in den Pflanzenkübeln versteckt werden könnten. H. Reister