Nürnbergerin geschockt: Wo ist das Grab meiner Mutter?
Stein und Pflanzen sind einfach verschwunden – Sylvia E. (50) vermutet ein Versehen oder eine Verwechslung, die Stadt weist Vorwürfe zurück – und auch die Versicherung will nicht zahlen.
NÜRNBERG Der Weg durch den Westfriedhof zum Grab mit der Nummer 118 B 30 begleitet Sylvia E. (50) schon fast ihr ganzes Leben. 1974 wurde die Urne ihrer Mutter hier beigesetzt, Sylvia E. wurde mit 16 Vollwaise. Sie mag den Westfriedhof, reservierte sich im Grab der Mutter einen Platz. „Hier wollte ich auch einmal hin“, sagt die Nürnbergerin. Bis 15. Juli 2014 ist das Grab bezahlt, Sylvia E. hätte es auch für 129 Euro für weitere zehn Jahre verlängern lassen. Doch nun gibt es nichts mehr zu verlängern: Das Grab ist weg. Wo einst die schwarze Grabplatte mit dem eingravierten Namen ihrer Mutter, eingefasst von zwei Bäumchen, war, ist jetzt nichts als nackte Erde. Sylvia E. steht jetzt vor der bislang unbeantworteten Frage: „Wo ist das Grab meiner Mutter?“
Haben Satanisten ihr Unwesen getrieben?
Als sie das Verschwinden im Frühjahr bemerkte, sah sie, dass Gräber um das der Mutter herum aufgelöst worden waren. „Mein erster Gedanke war: Da ist ein Versehen passiert.“ Die Friedhofsverwaltung der Stadt Nürnberg weist den Vorwurf jedoch von sich. „Ein organisatorischer Fehler ist auszuschließen“, so Irene Raddant von der Friedhofsverwaltung, ebenso sei Versehen nicht denkbar. So seien alle Grabauflassungen in der Nachbarschaft nachvollziehbar gewesen und kontrolliert worden. „Ich sehe den Friedhof nicht in der Schuld, aber eine Erklärung für das Fehlen des Steines habe ich auch nicht.“ Sylvia E. ging zur Polizei, erstattete Anzeige wegen Diebstahls und ließ das Urnen-Grab öffnen – die Befürchtung, Okkultisten hätten ihr Unwesen getrieben, stand im Raum. Auch wenn die Grabstelle ordentlich leergeräumt wurde. „Satanisten werden wohl nicht aufräumen“, sie hat ihren Humor behalten. „Die Urne war noch drin.“
„Ich lasse es auf einen Prozess ankommen“
Ihr Rechtsanwalt forderte von der Bayerischen Versicherungskammer, die den Friedhof vertritt, 1550 Euro Schadensersatz. Doch die Versicherung stellte sich stur: Aufgelassene Grabplatten werden auf dem Friedhof gesammelt – und da die Grabplatte von Frau E. nicht dabei gewesen sei, kann das Grab auch nicht abgeräumt werden.
Die Halde ist groß, unübersichtlich, gleicht einem Schuttplatz. Sylvia E.: „Ich frage mich, wie da jemand gründlich hat nachsehen können.“ Weiteres Argument der Versicherung: Bei Auflösungen würden Urnen grundsätzlich mit entfernt werden. „Ich glaube, hier hat einer einen Fehler gemacht und ist zu feige, ihn einzugestehen“, so die 50-Jährige. Dass das Diebstahls-Verfahren gegen Unbekannt von der Staatsanwaltschaft eingestellt wurde, entmutigt sie nicht. Sie folgt der Argumentation ihres Anwalts: Er sieht den Friedhof dafür verantwortlich, dass kein Grabstein abhanden kommt. Schließlich dienten die Gebühren auch dafür, dass der Friedhof überwacht wird. Und wenn doch einfach so ein Grabstein verschwindet, sieht der Rechtsanwalt grobe Fahrlässigkeit. Eine Antwort auf die Frage, was mit dem Grab passiert ist, hat sie noch nicht. Aber sie will Schadensersatz. „Ich lasse es auf einen Prozess ankommen“, sagt Sylvia E.
S. Will
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