Nürnberger zwang die Arge in die Knie
NÜRNBERG - David gegen Goliath, das hieß jetzt vorm Nürnberger Sozialgericht: Adolf gegen die Arge. Die Arbeitsgemeinschaft von Sozialamt und Arbeitsagentur hatte Adolf während seiner Kur nämlich die Leistungen gekürzt und wollte das Geld nicht zurück zahlen – trotz eines eindeutigen Urteils des Bundessozialgerichts.
Adolf K. war stocksauer: Nach längerer Krankheit hatte ihn der Arzt im vergangenen Herbst auf Kur geschickt. In die Saaletalklinik im schönen Bad Neustadt (Unterfranken). Adolf, der kein Hartz IV bezieht, sondern als allein erziehender Vater von der Arge nur mit 240 Euro bezuschusst wird, verbrachte dort dreieinhalb Monate – all inclusive.
Prompt kürzte ihm die Arge die Leistungen: 319 Euro und 81 Cent fehlten dem Mann aus Nürnberg-Langwasser im Portemonnaie, abgezogen fürs tägliche Frühstück, Mittag- und Abendessen bei der Kur. Und das Geld wollte er wieder haben: „Das Bundessozialgericht hat am 18. Juni entschieden, dass solche Kürzungen bis zum 31. 12. 2007 nicht zulässig sind“, erklärte Adolf schon vor Verhandlungsbeginn Richterin Andrea Hackenberg. Außerdem wollte er wissen, „warum ich überhaupt hier sitze?“. Nach dem höchstrichterlichen Urteil sei die Sache doch glasklar.
„Ihre Klage ist noch anhängig“, warf die Richterin ein. Und das Urteil des BSG „so brandaktuell, dass das Papier noch warm ist“.
Kläger Adolf pochte darauf: „Ich will mein Geld zurück, und zwar sofort.“ Was dem Vertreter der Nürnberger Arge natürlich einleuchtete. Der berief sich aber darauf, dass ja eigentlich der Rentenversicherungsträger zahlen müsse. Irgendwann...
Allein in Nürnberg sind derzeit Dutzende Verfahren anhängig
Adolf schäumte, er wolle nicht erst einige Monate warten, bis er zu seinem Geld komme. Was die Richterin einsah: „Die interne Kommunikation zwischen den Ämtern braucht Sie nicht zu kümmern“, sprang sie dem Kläger bei. Und hielt im anschließenden Vergleich fest: „Die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind unverzüglich zurückzuzahlen.“
Das gilt übrigens nicht nur für Adolf, sondern für alle Betroffenen, die bis zum Jahreswechsel im Krankenhaus waren, und denen die Arge dann die Leistungen kürzte. Allein in Nürnberg sind derzeit Dutzende Verfahren anhängig.
Ab 1. Januar 2008 haben Arge-Kunden aber das Nachsehen: Die neue Alg II-Verordnung hat für die Kürzungen jetzt eine Rechtsgrundlage geschaffen. Aber auch die steht auf wackligen Beinen: Gut möglich, dass sie gekippt wird, und Arge-Kunden, die stationär behandelt werden, auch in Zukunft ihr Geld behalten dürfen.
Steffen Windschall
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