Nürnberger stürmen die laue Blaue Nacht
Neuer Besucher-Rekord: 130000 Besucher zogen bei Traumwetter durch die Stadt, bestaunten tanzende Affen auf der Burg und besichtigten über 70 Kunstobjekte und Installationen
NÜRNBERG Ob Softeis, Sushi-Häppchen oder Bowle – alles war in dieser Nacht tiefblau. Auch die zwei jungen Frauen, die am Samstag nur mit dieser Farbe und sonst fast nichts auf der Haut durch Nürnberg spazierten. Und kaum auffielen im Gewühl von 130000 Menschen. Es war ein neuer Besucher-Rekord bei der lauen 9. Blauen Kunst- und Museums-Nacht mit dem Insel-Motto.
Es gab viel zu erlaufen bei über 70 Stationen zwischen Kaiserburg und Opernhaus: Als Lichttapete tanzten Affen oder indische Schönheiten auf der von Künstler Harri Schemm angestrahlten und verfremdeten Burgfreiung. „Einfach geil“, kommentierten dies einige hochblickende Studenten, blaue Blinkys im Ohr.
Die kleinen Anstecker, von Mitarbeiterinnen des Hauptsponsors Nürnberger Versicherung verkauft, fanden reißenden Absatz und machten jeden Träger zum Leuchtinselchen in der Menge. Ob beim Bewundern der Laterna-Magica-Spiele auf den Hauptmarkt-Fassaden oder der gnadenlos blau glitzernden Bäume auf der Liebesinsel.
„Ist nicht jeder eine kleine Insel?“
Kontrastprogramm bot der Klarissenplatz mit einer schneckenartig gewundenen 25-Meter Installation mit Klaviermusik-Klangtupfern. „Je weiter man reinkommt, desto stiller wird es um einen“, erklärte ihr Erschaffer Wolfgang Weber. Sein Motto: „Ist nicht jeder eine kleine Insel?“
Manche schickten sogar ihre Flaschenpost in – natürlich – blau leuchtenden Glasbehältern die Pegnitz hinunter, wie das jung verheiratete Pärchen, das seine Liebesbotschaften am Zielort wieder herausfischte und mitnahm.
Am Kornmarkt konnte man in begehrten Liegestühlen und bei gleißendem Licht Profis beim Bau von Sandburgen und -Figuren zuschauen.
Cocktails schlürfen beim Naturhistorischen Museum
Mit Kokosnüssen zum Knacken und hüftenschwingenden „Südsee-Perlen“ zog das Naturhistorische Museum weit mehr Besucher als sonst an. Cocktail-schlürfend konnte man den fünf etwas schüchtern lächelnden Damen aus Samoa, Tongo und den Fidji-Inseln, jetzt in Hamburg beheimatet, bei traditionellen Tänzen zusehen.
In die Beine fuhr auch der kraftzehrende Auftritt eines Elvis-Imitators im DB-Museum. Tim (24), GI aus Grafenwöhr, röhrte ins Mikrofon, dass der Schweiß nur so tropfte.
Duftender grüner Rasen bot sich erschöpften Blaue Nacht-Wanderern als „Rettungsinsel“ im Foyer des alten Rathauses an. Kräfte sammeln für die Papierschlacht im Rathaus-Festsaal, wo Groß und Klein fröhlich durch Zerknülltes wateten. Und dann ein Erinnerungsfoto machen draußen im blauen Licht der Scheinwerfer.
Wer Glück hatte, ergatterte im Bauhof eine Insel zum Mitnehmen. Komplett im Tütchen: Sand, Muscheln, Schirmchen und Palmen-Samen. Gute Ideen brauchen nicht viel Platz.
cis
s. auch Kultur, S. 10
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