Nürnberger Literat trauert um seinen Sohn

Karl Heinz Demuß und Frau Christa Demuß-Luma nehmen Abschied von Raphael (34). Er lag zwei Jahre im Wachkoma.
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Der Nürnberger Literat Karl Heinz Demuß rief die Mittagslesungen ins Leben.
M. Meyer Der Nürnberger Literat Karl Heinz Demuß rief die Mittagslesungen ins Leben.

Karl Heinz Demuß und Frau Christa Demuß-Luma nehmen Abschied von Raphael (34). Er lag zwei Jahre im Wachkoma.

NÜRNBERG/FÜRTH Worte sind das Leben von Karl Heinz Demuß. Der Literat aus Nürnberg rief die „Mittagslesungen“ ins Leben. Doch auch in seinem Leben gibt es Situationen, in denen Worte nicht ausdrücken können, was Menschen fühlen. So geht es ihm und seiner Frau Christa Demuß-Luma derzeit. Denn heute müssen sie für immer von ihrem Sohn Raphael (34) Abschied nehmen. Der angesehene Mediziner lag zwei Jahre lang im Wachkoma.

Davor war Raphael Demuß Anästhesist in Rostock. „Er war sehr engagiert“, sagt Mutter Christa Demuß-Luma, eine Journalistin, die schon länger von Karl Heinz Demuß getrennt lebt. „Er erklärte Kindern die Erste Hilfe, fuhr als Notarzt, arbeitete ehrenamtlich in einem Kinderheim, gründete und leitete einen Studentenchor. Er hat sich wahnsinnig übernommen.“

Vielleicht war das der Grund dafür, was Christa Demuß-Luma als Kurzschluss empfindet: „Obwohl er so stolz war auf einen Arbeitsvertrag, der ihn nach Stralsund gebracht hätte, versuchte er, sich das Leben zu nehmen. Aber er wurde zu früh gefunden, als dass seinem Wunsch entsprochen wurde.“

Allein in Deutschland dämmern über 10.000 Menschen im Wachkoma

Der Schock war groß, die Freude, dass er überlebt hat, damals auch. Ins Leben, wie es seine Mutter und sein Vater kennen, hat Raphael Demuß nicht mehr zurückgefunden.

Allein in Deutschland dämmern über 10.000 Menschen im so genannten Wachkoma. Das „Apallische Syndrom“ wird durch schwerste Schädigung des Großhirns hervorgerufen. Für die Angehörigen ist das eine belastende Situation: Die Menschen, zu denen sie einst eine enge Beziehung hatten, sind zwar wach, haben aber kein Bewusstsein und nur eine sehr begrenzte Möglichkeit der Kommunikation – wenn überhaupt.

Die letzte „echte“ Kommunikation hatte Demuß-Luma durch den Abschiedsbrief ihres Sohnes, in dem er sie bat, alles für ihn zu regeln. Was sie damals zu regeln hatte, war viel: Sie übernahm die Betreuung, wachte an seinem Bett: „Ich verbrachte die Hälfte meiner Zeit bei ihm im Krankenhaus.“ Ein Glück, dass er selbstständig atmen konnte, so fuhr sie ihn auch im Rollstuhl nach draußen. Alle Gedanken hat sie als Mutter gedacht, natürlich auch den der Sterbehilfe: „Doch selbst wenn er an Maschinen gehangen hätte, ich hätte es nie fertiggebracht.“

Die Asche wird bei Rostock ins Meer gestreut

Dafür sah sie die kleinen Schritte: wie er auf Musik reagierte, wie er anfing, Bewegungen mit den Augen zu verfolgen: „Vielleicht, so dachte ich, kann man irgendwann wieder mit ihm reden.“ Der Wunsch wurde nicht erfüllt.

Der Tod kam zwei Jahre später und dann doch plötzlich: Eine Infektion ließ seinen Kreislauf zusammenbrechen.

Nun kann Christa Demuß-Luma einen jener Wünsche erfüllen, um die ihr Sohn sie vor zwei Jahren bat: „Er wollte eingeäschert werden, die Asche sollte bei Rostock ins Meer gestreut werden. Das machen wir auch. Er lebte sehr gerne dort.“ sw

Christa Demuß-Luma und Raphael Demuß wurden Mitglied im Verein „Schädel-Hirn-Patienten in Not“. Die Familie wünscht statt Blumen Spenden für den Verein: Kontonr. 5794 200, BLZ 75290000, VR Amberg, Kennwort Raphael Demuß.

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