Nürnberger Architekt: Er baute Pekings irre Olympia-Sporthalle
NÜRNBERG - "Man darf keine Schwäche zeigen." Thomas Glöckner (47) über die Verständigung der Kulturen und die ausgefuchsten Verhandlungsstrategien der Chinesen.
In den kommenden Wochen blickt die Welt auf Peking – bis 24. August kämpfen hier Sportler aus 204 Ländern um olympisches Gold. Und diejenigen, die live dabei sind, sitzen vielleicht genau in der irren Sporthalle, die vom Nürnberger Architekten Thomas Glöckner gebaut wurde.
Der gibt sich trotz dieser Sensation ganz bescheiden. Er fordert aber zum Auftakt der Spiele mehr Verständnis für China und die chinesische Kultur. „Wir sollten auf die Chinesen zugehen, damit sie von uns lernen und wir von ihnen. Wir sollten nicht mit dem Finger auf sie zeigen“, sagt der Nürnberger, der im Jahr 2003 nach einem Architektenwettbewerb den Zuschlag für den Bau der Sportstätte bekam.
„Die Deutschen stellen sich schnell auf die Stufe eines Weltrichters“, sagt Glöckner. Als Beispiel nennt er unter anderem die Kritik deutscher Politiker an Menschenrechtsverletzungen in China. Auch in der westlichen Welt gebe es Dinge, die nicht in Ordnung seien. Moralische Bedenken, für ein Land wie China gearbeitet zu haben, hat der 47-Jährige nicht. Zeitungsberichte, die ihn in eine Reihe mit dem Hitler-Architekten Albert Speer stellen, lassen ihn kalt.
„Ich denke nicht, dass ich mir Vorwürfe machen muss. Dann müsste die gesamte deutsche Industrie ja auch ein schlechtes Gewissen haben und jeder, der chinesische Produkte kauft und benutzt.“ Glöckner – er baute in Nürnberg die Arena – hat in seiner Zeit in China und in den zähen Verhandlungen um den Bau der Halle für Turnwettkämpfe viel gelernt. „Die sind ausgefuchste Verhandler. Da lernt man einige Tricks.“ Insgesamt drei Mal habe er die Verhandlungen abgebrochen. „Wenn die merken, dass man den Auftrag will und vielleicht auch braucht, dann ist man Schlachtvieh. Man darf keine Schwäche zeigen“, so Glöckner.
Wettbewerbe in China hätten schon einige gewonnen, tatsächliche Aufträge bekämen aber die wenigsten. „Die chinesischen Verhandlungspartner saugen die Informationen der ausländischen Architekten oft regelrecht auf und dann machen sie es selbst“, weiß er, der auf Kommunikation zwischen den Kulturen setzt. „Man darf nicht vergessen, worum es bei Olympia geht. Für die Zeit der Spiele wurden früher Kriege ausgesetzt, dann war Olympia und erst danach hat man sich weiter gezofft.“
Britta Schultejans
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