Nürnberg: Behinderter Kater soll eingeschläfert werden

Die Katze habe keine Lebensqualität und solle eingeschläfert werden, findet eine Tierärztin. Die Besitzerin sieht das anders – und startet eine Petition für den Kater.
von  Ruth Schormann
Der Kater muss wegen seiner Inkontinenz eine Windel tragen – doch er ist fit und lebensfroh, sagt sein Frauchen.
Der Kater muss wegen seiner Inkontinenz eine Windel tragen – doch er ist fit und lebensfroh, sagt sein Frauchen. © Fellini/Facebook

Nürnberg - Fellini läuft ganz flink zum Sofa, setzt die Vorderpfoten auf die Kante, zieht sich hoch, dreht sich elegant um, setzt sich auf seine gelähmten Hinterbeine und schaut munter Richtung Kamera: Der dreijährige Kater macht in einem BR-Beitrag keinen leidenden Eindruck – trotz einer Windel, die er tragen muss, weil er querschnittgelähmt und inkontinent ist.

"Fellini konnte sich im Mutterleib meiner Katze Luna nicht richtig entwickeln und kam mit einer Querschnittslähmung zur Welt", schildert Besitzerin Christiane Köhler aus Nürnberg der AZ. Sie kümmert sich rührend um das Tier, wickelt die Europäische Kurzhaarkatze dreimal täglich. Und trotzdem soll Fellini nun eingeschläfert werden – wenn es nach einer Tierärztin geht. Köhler ist entsetzt und geht deswegen an die Öffentlichkeit.

Sie erzählt: "Am 15. Juli bemerkte ich, dass Fellinis Auge leicht angeschwollen war. Da meine Haustierärztin an diesem Tag keinen spontanen Termin frei hatte, stellte ich ihn bei einer anderen Tierärztin vor." Und weiter: "Zur Behandlung durfte ich wegen Corona nicht mit ins Zimmer. Nach nur fünf Minuten kam die Ärztin mit Fellini zurück, denn es handelte sich nur um eine harmlose Kleinigkeit. Lediglich etwas Schmutz hatte das Auge gereizt."

Tierärztin rät, die Katze einschläfern zu lassen

Köhler denkt, die Sache ist erledigt, doch dann: "Am nächsten Tag erhielt ich von der Ärztin einen Anruf, in dem sie mir erklärte, dass der Kater leide, da er nicht artgerecht leben könne und er dringend eingeschläfert werden müsse." Ein Schock für die 30-Jährige.

Sie arbeitet bei der Lebenshilfe Nürnberg. "Dort betreue ich tagtäglich Menschen, die schwerste und mehrfache Behinderungen haben", erzählt sie der AZ. "Ich sehe jeden Tag welche Lebensfreude und Lebensqualität diese Menschen besitzen", sagt sie. "Ich bin der Meinung, dass jedes Lebewesen wertvoll und schützenswert ist, auch, wenn es nicht ‚perfekt‘ ist", so ihr Credo.

Auch ihr dreijähriger Fellini, der mit seinen Geschwistern tollt und umhertobt. Natürlich ist Köhler nicht mit der "Diagnose" der Vertretungs-Ärztin einverstanden. Die Ärztin habe ihr dann gesagt, sie werde Anzeige beim Veterinäramt erstatten.

Veterinäramt verlangt Gutachten eines Fachtierarztes

Und Köhler? Die wird aus Angst um ihr geliebtes Kätzchen gleich selbst aktiv, wie sie der AZ sagt: "Da ich große Angst um meinen Fellini hatte, riefen wir selbst sofort beim Veterinäramt an."

Zwei Amtstierärztinnen besuchten Fellini in der eigens behindertengerecht umgebauten Wohnung. "Sie bestätigten zwar, dass Fellini in einem einwandfreien Pflegezustand sei, aber dass es nicht arttypisch sei, dass Fellini nicht flüchten oder springen kann", so das Ergebnis laut Köhler.

Nun hat sie ein Anhörungsschreiben vom Veterinäramt erhalten und muss ein Gutachten eines Fachtierarztes erstellen lassen. Sie befürchtet, dass sie für ihren Fellini vor Gericht kämpfen muss.

Aus Angst – und weil die junge Frau möchte, dass andere Besitzer gehandicapter Tiere nicht "den gleichen Albtraum wie ich durchleben müssen" – hat sie eine eigene Facebook-Seite für den Kater ins Leben gerufen und die Petition "Behinderte Katzen haben ein Recht auf Leben!" gestartet, die schon über 20.000 Menschen unterzeichnet haben.

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