Notruf-Chaos: Retter brauchen eine Stunde bis zum Einsatz

Die neue Leitstelle am Hafen hat offenbar massive Probleme, die Einsätze der Teams zu koordinieren.
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Die neue Leitstelle am Nürnberger Hafen: Hier gehen alle medizinischen Notrufe und demnächst auch die Brandmeldungen ein.
B. Meyer Die neue Leitstelle am Nürnberger Hafen: Hier gehen alle medizinischen Notrufe und demnächst auch die Brandmeldungen ein.

Die neue Leitstelle am Hafen hat offenbar massive Probleme, die Einsätze der Teams zu koordinieren.

NÜRNBERG Wenn’s um Leben und Tod geht, entscheiden eigentlich Sekunden. Genau das ist im Moment das Problem der neuen Rettungs-Leitstelle am Nürnberger Hafen! Notärzte und Sanitäter raufen sich die Haare angesichts der Pannen, die seit letzten Mittwoch passieren – als die alte Rettungsleitstelle beim BRK schloss und die neue Zentrale am Hafen an den Start ging. In Nürnberg herrscht seitdem der reinste Notruf-Irrsinn.Drei Beispiele dafür:

Ein Mann hatte sich bei einem Unfall einen Teil seines Fingers fast abgerissen! Während die Polizei schnell vor Ort war, wartete der Patient auf die medizinische Versorgung – vergeblich. „Drei Mal riefen die Beamten selbst in der Leitstelle an. Als nach einer Stunde immer noch niemand kam, brachten sie den Verletzten dann im Streifenwagen ins Krankenhaus“, schildert ein Notarzt entsetzt.

Über 40 Minuten musste ein Sanitäter bei einem Mann mit einer extrem niedrigen Herzfrequenz auf einen Mediziner warten. Auch hier war der Auftrag irgendwo im neuen System untergegangen: Der Notruf war schlichtweg nicht zu einem Funker vorgedrungen. „Das muss zur Not eben einfach mündlich passieren“, erklärt ein anderer Arzt.

Andersrum ging es im Fall eines Nürnberger Dialysepatienten: Während der schon seit anderthalb Stunden im Klinikum war, raste ein Krankenwagen mit Blaulicht zu seiner Wohnung, um bei einem vermeintlichen Notfall zu helfen.

„Es ist im Moment einfach noch alles total chaotisch“, weiß ein Mediziner. Ganze Aufträge seien verschwunden. In den meisten Fällen war es glücklicherweise nicht gravierend. „Aber das kann lebensgefährlich werden! Es geht nicht, dass ein neues System schlechter ist als das vorherige“, so der Notarzt zur AZ.

Schuld an dem Dilemma sind aber nicht die Mitarbeiter. Das Problem ist die Software „ELDIS 3“, die bereits in den Leitstellen der Städte Regensburg und Augsburg genutzt wird. Nürnbergs Leitstellen-Chef Marc Gistrichovsky räumt ein, dass in den ersten Tagen nicht alles glatt lief: „Das ist ein hoch technisiertes Gebilde. Da gab’s auch Probleme mit der Bedienung.“ Doch die seien nie kritisch gewesen. „Auch das System für die Fahrzeuge war ja neu.“

Das größte Manko des neuen Dienstes ist für Dr. Claus Heuschmid, Sprecher der Notärzte, das fehlende Ortungssystem GPS: „Beim alten System wussten die Kollegen in der Leitstelle immer, wo die Notarztwagen gerade sind. So konnten die, die in kürzester Entfernung zum Einsatzort waren, dorthin beordert werden.“ Jetzt gäbe es nur noch den Status ,frei’. „Die Funker wären völlig überfordert, wenn sie von allen Autos im Kopf haben müssten, wo sie gerade sind.“

Eigentlich arbeite auch ELDIS mit GPS. „Doch das soll hier erst in drei Jahren kommen. Das ist uns viel zu spät“, so Heuschmid. Grund für die Verzögerung: die Kosten. Es geht um lächerliche 9000 Euro! „Wir werden die GPS-Problematik in der nächsten Zweckverbandsitzung vortragen. Zur Not sammeln wir Spenden – oder zahlen es selbst!“ Andrea Uhrig

In den nächsten sechs Wochen übernimmt die Leitstelle am Hafen zusätzlich die Alarmierung der Feurwehren in Nürnberg und Fürth sowie den Kreisen Nürnberger Land, Fürth und Erlangen-Höchstadt. Ende Oktober wird dann die bisherige Notrufnummer 19222 von der 112 abgelöst, die bisher nur für die Feuerwehr galt.

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