Neun Jahre Haft für Mord an Lehrer
Stricher Yalcin A. (20) hat den Schlafenden „aus Wut, Hass, Panik und Scham“ im Bett erdrosselt - wegen „Schwulitäten“.
NÜRNBERG Als „charakterlich völlig verwahrlost“ beschrieb Oberstaatsanwalt Hans Ellrott gestern den Strichjungen Yalcin A. (20), der den schlafenden Ex-Lehrer Heinrich E. (58†) von hinten mit einem Kabel in seinem Bett erdrosselte. Für den Mord aus Heimtücke forderte er zehn Jahre Haft (Höchststrafe im Jugendrecht). Neun Jahre wurden als Urteil verkündet.
Strafmildernd wertete Jugendkammer-Vorsitzender Hans Neidiger, dass der Täter geständig und betrunken war. Sein Motiv sei „Wut, Hass, Panik und Scham“ gewesen.
Der geschiedene, frühpensionierte Realschul-Lehrer hatte den Jungen im Rosenaupark kennengelernt. Anfangs war er Yalcin nur ein väterlicher Freund, ließ ihn bei sich schlafen, wenn der Schulversager wieder von den Eltern hinausgeworfen worden war.
Verzweiflung oder Geldgier?
Der Junge verdiente sich schon mit 15 Geld in der Stricherszene, war später auch dem Lehrer gegen Bares gefällig. Am 13. Januar 2008 übernachtete er wieder bei Heinrich E, wollte aber mit den „Schwulitäten“, so sein Verteidiger Jan-Rüdiger Albert, aufhören. Doch Heinrich E. hatte Anderes vor. „Er wollte mit dem 40 Jahre Jüngeren sogar in die Türkei ziehen“, so Albert. Nach dreistündigen Plädoyer beantragte er fünfeinhalb Jahre Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge.
Seine Tatversion: Um Yalcin weiter an sich zu binden, habe der Ex-Lehrer gedroht, dessen türkischen Eltern sein Stricher-Leben zu verraten. „Aus Verzweiflung“, so der Anwalt, habe Yalcin dem Mann spontan das Kabel um den Hals gelegt und zugezogen, „nur um Ruhe zu haben“.
Danach wollte der Junge, der laut Gutachter die Reife eines 15-Jährigen hat, nicht glauben, dass sein Freund tot sei, habe ihn noch zugedeckt, damit er nicht friert. Dann rief er seine Mutter an: „Es ist was Schlimmes passiert“ und bettelte, heimzudürfen. Ankläger Ellrott beeindruckte mehr, „dass er aus dem Tod Kapital schlagen wollte, als der Leichnam noch nicht kalt war“. Yalcin hatte nachts noch Heinrich E.s Bank angerufen, um an dessen Geld zu kommen.
„Manchmal frage ich mich, warum ich geboren wurde“, sagte Yalcin im letzten Wort. In der U-Haft hatte er versucht, sich aufzuhängen. Seine Eltern haben mit ihm gebrochen, nur seine Schwester verfolgte den Prozess. Ein Schock war die Tat auch für die Tochter des Ex-Lehrers. „Sie hat erst dadurch vom Doppelleben ihres Vaters erfahren“, sagte Nebenklage-Anwältin Andrea Kühne. cis
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