Nacktwanderer im Knast – weil er sein Lätzchen nicht trug!

Mit seinen hüllenlosen Auftritten im Altmühltal verschreckt Siegfried G. (52) aus Gunzenhausen seit Jahren viele seine Mitmenschen. Immer wieder wird gegen ihn ermittelt. Er ignoriert die Bußgeldbescheide
GUNZENHAUSEN/ANSBACH Seine hüllenlosen öffentlichen Auftritte im Altmühltal machten Nacktwanderer „Siggi“ (52) in ganz Deutschland bekannt. Jetzt brachten sie ihn in den Knast! Seit einer Woche schmort der überzeugte Nudist hinter Gittern, weil er eine Geldstrafe wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses nicht bezahlen wollte.
An Siegfried G. aus Gunzenhausen scheiden sich die Geister. Manche Mitmenschen, die dem Nackten unverhofft auf einem Feldweg oder im Wald gegenüberstehen, rümpfen nur die Nase. Andere sind empört, wollen ihn gar in einen Käfig sperren. Wieder andere reagieren mit einer Anzeige oder rufen die Polizei. Siegfried G. selbst lässt sich dadurch nicht beirren. Er hält Nacktsein in der Öffentlichkeit für sein verbrieftes Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung und sprach sogar schon von Kunst.
Hüllenlos im Waschkeller
Die Behörden sehen das völlig anders. Sie halten die textilfreie Performance des gelernten Schweißers für eine Art Attentat auf Sitte und Moral. Das Landratsamt zum Beispiel hat ihm deshalb schon ein gutes Dutzend an Bußgeldbescheiden zukommen lassen. Siegfried G. hat dafür nur ein müdes Lächeln übrig. Er lässt sich von seinem Credo nicht abbringen. „Der Mensch ist nackt geboren. Also ist Nacktsein auch die natürlichste Sache der Welt“, sagt er voller Überzeugung.
Früher hat der zweifache Familienvater auch den Briefkasten im Adamskostüm geleert, hüllenlos die Waschmaschine im Keller des Mehrfamilienhauses bedient, sich nackt hinter das Steuer seines Autos gesetzt. Das macht er jetzt nicht mehr, weil die Proteste seiner Nachbarn auf die Dauer zu heftig ausgefallen sind. Wovon er sich aber auch durch schneidend kalte Temperaturen oder Regengüsse nicht abhalten lässt, sind seine täglichen Nacktwanderungen rings um Gunzenhausen herum. „Das ist fantastisch. Man nimmt die Natur ganz anders wahr“, versicherte er.
Seit einer Entscheidung des Ansbacher Verwaltungsgerichts ist „Siggis“ öffentlicher Striptease allerdings an entscheidender Stelle eingeschränkt. Ein 20 mal 30 Zentimeter großes Lätzchen über seiner Männlichkeit wurde ihm auferlegt. Dass er sich bei seinen Nacktwanderungen nicht immer daran hält, brachte ihn jetzt in Bedrängnis. Eine junge Frau, die ihm im Wald unverhofft gegenüberstand, erschrak sich fast zu Tode – und zeigte ihn an. Da „Siggi“ die 200-Euro-Strafe nicht bezahlte, landete er jetzt im Knast.
Helmut Reister