Nackte Hintern und Mumienspiele

Die eigenartigen Erziehungsmethoden der Mönche im Kloster St.Ottilien. Ehemalige Schüler berichten von sexuellen Übergriffen und Missbrauch durch zwei Pater in den 60er Jahren.
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Das Benediktinerkloster Sankt Ottilien
imago Das Benediktinerkloster Sankt Ottilien

AUGSBURG - Die eigenartigen Erziehungsmethoden der Mönche im Kloster St.Ottilien. Ehemalige Schüler berichten von sexuellen Übergriffen und Missbrauch durch zwei Pater in den 60er Jahren.

Priester, die Schülern den nackten Hintern versohlen und Ordensbrüder, die dabei zusehen. Nackte Buben, die sich mit Klopapier einwickeln lassen müssen – die Schilderungen eines anonymen ehemaligen Schülers am Internat des Klosters St. Ottilien sorgen für viel Wirbel. Die Staatsanwaltschaft ermittelt (AZ berichtete). Inzwischen hat sich ein weiteres Missbrauchsopfer bei den Benediktinern gemeldet.

Die Erlebnisse als Klosterschüler verfolgen die Opfer noch heute. „Schläge auf den nackten Hintern waren bei kleineren Vergehen an der Tagesordnung“, schrieb einer. Anvertrauen konnte er sich als Bub niemandem. „Der Präfekt kontrollierte unsere Post nach Hause“. Wenn die Eltern alle paar Wochen zu Besuch kamen, so erinnert sich der Ex-Schüler, „stand der Präfekt beim Mittagessen immer hinter den Tischen und achtete mit Argusaugen auf uns. Wir durften nichts erzählen.“

Für seine „Lieblinge“ hatte Pater G. ein spezielles „Gesellschaftsspiel“. Dabei mussten sich Schüler nackt auf einen Stuhl stellen. Ein Kamerad wickelte ihn dann mit Toilettenpapier ein. „Ägyptische Mumie“ hieß die entwürdigende Prozedur bei den Schülern.

„Ich habe mich sehr alleine gefühlt“, sagt der ehemalige Klosterschüler heute, „du spürst eine große Scham“. Seine Eltern glaubten ihm nicht. „Der Bub habe Fantasien“. „Ein Diener Gottes würde niemals sündigen“, hieß es damals im Elternhaus. Erst mit 50 Jahren habe er seiner Frau davon erzählt.

Der fragliche Priester, der selber Fotos gemacht haben soll, hat bis in die 90er Jahre als Lehrer gearbeitet. Später war er Seelsorger. Er hat das Kloster dieser Tage verlassen. Sein Zimmer wurde versiegelt. Pater G. soll demnächst aussagen. Ein Jurist, ein Kirchenrechtler und eine Therapeutin werden ihn befragen.

Am Donnerstag meldete sich ein weiteres Missbrauchsopfer im Kloster. Ebenfalls ein ehemaliger Schüler, der von sexuellen Übergriffen durch einen weiteren Pater berichtet. Die Erzabtei hat Kontakt zu dem Opfer aufgenommen, betont Sprecher Martin Wind.

Der unter Verdacht stehende Pater hat in dem Internat in den 60er Jahren als Lehrer und Erzieher gearbeitet. Seit 1969 gehört er dem Orden nicht mehr an.

Ralph Hub

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