Nach Urteil im Jessica-Mord: Täterin schnitt sich Pulsadern auf

Verzweiflungstat: 14 Jahre Gefängnis für Denise R. Wie konnte sie die Rasierklinge ins Gebäude schmuggeln?
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Das Mordopfer Jessica.
bayernpress Das Mordopfer Jessica.

Verzweiflungstat: 14 Jahre Gefängnis für Denise R. Wie konnte sie die Rasierklinge ins Gebäude schmuggeln?

NÜRNBERG Blutiges Ende im „Jessica“-Prozess! Kurz nachdem sie am Dienstagvormittag vom Schwurgericht zu einer langen Haftstrafe (14 Jahre) verurteilt worden war, hat sich Denise R. (28) mit einer Rasierklinge die Pulsadern aufgeschnitten. Jetzt ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft, wie die selbstmordgefährdete Frau an das gefährliche Werkzeug gelangen konnte.

Nach Angaben von Justizsprecher Thomas Koch spielte sich das Drama in einer so genannten Vorführzelle im Keller des Justizgebäudes ab. Denise R. sollte nach der Verhandlung von dort wieder zurück ins Frauen-Gefängnis gebracht werden. Die wenigen Minuten, die sie unbeobachtet blieb, nutzte sie für die Verzweiflungstat.

Wurde Denise R. nicht streng genug kontrolliert?

„Derzeit ist völlig unklar, wie die Angeklagte in den Besitz der Rasierklinge gelangen konnte“, erklärte Koch. Da sie während der Verhandlung keinen direkten Kontakt mit Familienangehörigen oder Bekannten hatte, spricht einiges dafür, dass sie die Rasierklinge aus der JVA in den Gerichtssaal mitgebracht hat. Dies würde allerdings auf eine grobe Nachlässigkeit des Wachpersonals hinweisen. Koch: „Gefangene, die in den Gerichtssaal gebracht werden, müssen sich beim Verlassen der JVA einer strengen Kontrolle unterziehen.“ Wurde das bei Denise R. versäumt?

Gerade bei der Angeklagten hätte man streng auf solche Vorsichtsmaßnahmen achten müssen. Der Selbstmordversuch gestern war nicht der erste, den die 28-Jährige unternahm. Das kam während des Prozesses zu Tage. Wie der psychiatrische Gutachter feststellte, trägt Denise R. ein schweres Trauma mit sich. In ihrer Kindheit ist sie mehrfach sexuell missbraucht worden. Darüber kam sie nie hinweg. Laut Gutachter neigt Denise R. zu impulsiven, unkontrollierten Handlungen und zeigt Anzeichen für eine Persönlichkeitsstörung.

Nichts deutete auf das blutige Drama hin

Tatsächlich legte die Angeklagte während des Mordprozesses ein schwer nachvollziehbares Verhalten an den Tag. Obwohl ihr „Lebenslang“ drohte, blieb sie stets ruhig, gelassen, zuversichtlich – und sogar richtig gut gelaunt. Selbst gestern, als über ihr Schicksal geurteilt wurde, betrat sie strahlend den Saal. Erst als das Urteil fiel, entglitten ihr zum ersten Mal die Gesichtszüge. Entsetzt und ungläubig blickte sie erst zu ihrer Familie, dann zum Richter.

Denise brauchte allerdings nur wenige Minuten, bis sie ihre undurchschaubare Fassade wieder aufgesetzt hatte. Ihr Blick war wieder klar und konzentriert, ihre Haltung aufrecht. Nichts deutete auf das blutige Drama hin, dass sie wenige Minuten später anrichteten sollte.

Für Richter Richard Caspar war der Mordfall Jessica gestern eindeutig. Er hatte keinen Zweifel, dass Denise ihre Freundin im Streit um Geld umgebracht, „wie besessen“ auf sie eingestochen hat. Denise habe die Tat demnach nicht geplant, sondern aus spontaner Wut heraus gehandelt. Deshalb lautete das Urteil Totschlag, nicht Mord.

Denise R. befindet sich nach ihrem Suizidversuch in einer Klinik und wird rund um die Uhr bewacht. Ein Ende nimmt der Fall Jessica nicht. Die Verteidigung kündigte an, in Revision zu gehen. mp/hr

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