Nach Quelle-Aus: Hier bewerben sich Ex-Mitarbeiter um neue Jobs

Demo vor der Lorenzkirche: „Wir wollen Arbeit“, fordern 45 frühere Beschäftigte. Viele von ihnen sind jenseits der 50. Aber sie geben die Hoffnung nicht auf, wieder in Lohn und Brot zu kommen
von  Abendzeitung
„Ich will Arbeit“: Petra Nagy und ihre Leidensgenossen hoffen, dass die ungewöhnliche Aktion fruchtet.
„Ich will Arbeit“: Petra Nagy und ihre Leidensgenossen hoffen, dass die ungewöhnliche Aktion fruchtet. © Berny Meyer

Demo vor der Lorenzkirche: „Wir wollen Arbeit“, fordern 45 frühere Beschäftigte. Viele von ihnen sind jenseits der 50. Aber sie geben die Hoffnung nicht auf, wieder in Lohn und Brot zu kommen

NÜRNBERG 76 Bewerbungen, 28 Absagen, keine einzige positive Rückmeldung – und noch ein Jahr Schonfrist, bis sie in Hartz IV abrutscht: Das ist die traurige Bilanz von Petra Nagy, seitdem es mit ihrem früheren Arbeitgeber Quelle den Bach runter ging...

Gemeinsam mit 45 Leidensgenossen startete die ehemalige kaufmännische Angestellte am Freitagnachmittag eine ungewöhnliche Aktion: eine öffentliche Bewerbung vor der Lorenzkirche. Halb Demo, halb ernstgemeinter Aufruf an potenzielle Arbeitgeber, sollte die Aktion wachrütteln und jenen ein Gehör verschaffen, die momentan kaum eine Perspektive haben, aber gar nicht in offiziellen Arbeitslosenstatistiken auftauchen.

Denn Frau Nagy und alle anderen absolvieren gerade eine Wiedereingliederungs-Maßnahme an der Kolping-Akademie. Dort lernen sie – viele von ihnen sind über 50 und waren jahrzehntelang für die Firma tätig – wie man überhaupt Bewerbungen schreibt und sich auch als älterer Arbeitssuchender reelle Chancen erarbeitet. Gebracht hat das bislang aber wenig.

"Ich würde sogar nach Haiti gehen"

Das weiß auch Coach Kathrin Rudloff von Minerva-Coaching, die die 45 Ex-Mitarbeiter betreut: Die öffentliche Bewerbung war ihre Idee. Jeder Teilnehmer trug um den Hals ein Schild mit seiner Qualifikation – vom Elektriker bis zum Schulungsleiter, samt einer Chiffre-Nummer.

Petra Nagy jedenfalls hat in dem halben Jahr nach der Quelle-Pleite gewaltige Abstriche gemacht, was die persönlichen Ambitionen angeht. Die Hoffnung, eine adäquate Stelle zu finden, hat sie zwar noch nicht aufgegeben. Sie würde sich aber mittlerweile auch mit anderen Jobs zufrieden geben: „Hauptsache kein Hartz IV.“ Als Reiseleiterin würde sie arbeiten oder in sozialen Einrichtungen. Die vierfache Mutter – seit 17 Jahren in Nürnberg – könnte sich sogar vorstellen, wegzuziehen, womöglich ins Ausland zu gehen: „Nach Haiti, um beim Wiederaufbau zu helfen.“

Wer für die Ex-Quelle-Mitarbeiter, Bürokräfte, Handwerker, Logistiker, Informatiker, einen Job hat, schickt eine Mail an: wir_wollen_arbeit@yahoo.de

Steffen Windschall

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